Welche Antibiotika bei Pneumonie?
Obwohl die ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) so häufig vorkommt, ist bislang die Frage nicht abschliessend geklärt, welche Antibiotikaklassen am besten sind. Insbesondere wird höchst kontrovers diskutiert, ob Makrolide immer Teil der empirischen Therapie bei hospitalisierten Patienten sein sollen. Eine holländische Studie sucht die Antwort.
Dazu wurden in einer cluster-randomisierten Crossover Studie 2283 erwachsene Patienten eingeschlossen. Dabei erhielten alle Patienten, die an einem von 7 Spitälern auf einer Normalstation wegen einer CAP hospitalisiert wurden, die gleiche empirische Therapie: entweder ein Betalactam-Antibiotikum oder ein Betalactam-Antibiotikum plus ein Makrolid oder ein respiratorisches Chinolon. Alle 4 Monate wechselte die empfohlene Therapie.
Kein Unterschied bei der 90-Tages Mortalität
Aus medizinischen Gründen durfte die empfohlene Therapiestrategie geändert werden, z.B. bei Verdacht auf eine atypische Pneumonie. Dies war bei 21.6% der Patienten in der Betalactam-Gruppe, bei 15.2% in der Betalactam-Makrolid-Gruppe und bei 12.5% in der Chinolon-Gruppe der Fall. Doch unabhängig davon, ob alle Patienten einer Gruppe analysiert wurden (Intention-to-treat), oder nur die Patienten, die die empfohlene Strategie erhielten (also das empfohlene Antibiotikum oder aus medizinischen Gründen eine Alternative; strategy-adherent), oder ob die Patienten analysiert wurden, die das empfohlene Antibiotikum erhielten (antibiotic-adherent): eine Betalactam-Monotherapie hatte keine erhöhte 90-Tages Mortalität gegenüber der ein Betalactam-Makrolid-Kombination oder gegenüber Chinolonen (s Abb. 90-Tages Mortalität).
Die Dauer des Spitalaufenthalts und der Antibiotikatherapiedauer waren ähnlich und es gab auch keinen Unterschied bei den Komplikationen (s. Abb. links).
Andere Resultate als in einer Schweizer Studie
Interessanterweise zeigte eine multizentrische Studie aus der Schweiz, die erst letztes Jahr publiziert wurde, dass eine Betalactam-Monotherapie nicht gleichwertig war wie eine Makrolid-Kombinationstherapie (gemessen an „medizinischer Stabilität“ nach 7 Tagen). Die Autoren der holländischen Studie begründen diese Unterschiede mit dem unterschiedlichen Studien-Design. Insbesondere wurden in der aktuellen Studie alle Patienten eingeschlossen, während in der Schweizer Studie von Garin et al. einige Ausschlusskriterien vorhanden waren. Weiter beschränkte sich bei Garin et al. der Effekt der Makrolidtherapie auf Patienten mit atypischer Pneumonie (eine Legionellen-Pneumonie hatten in der holländischen Studie weniger als 1% der Patienten, in der schweizerischen Studie 2.8%) und der Effekt war ausgeprägter bei Patienten mit schwerer Pneumonie. Spitalaufenthaltsdauer und Mortalität waren nicht unterschiedlich, aber es gab mehr Patienten ohne Makrolidtherapie, die ein Rezidiv erlitten.
Fazit: Makrolide nicht automatisch bei Pneumonie
Betalactame bleiben bei uns 1. Wahl bei der Therapie der Pneumonie. Da der Einsatz von Makroliden mit der Entstehung von Resistenzen einhergeht (Albrich et al) und Makrolidresistenzen mit einem Therapieversagen assoziiert sind, erscheint uns ein möglichst rationaler Einsatz der Makrolide sinnvoll. Folglich sollten wir atypische Pneumonien, insbesondere Legionellen, gezielt suchen und nur bei deren Nachweis oder besonderem Verdacht darauf, zusätzlich ein Makrolid (oder eine andere Therapie, die bei atypischen Erregern wirksam ist) verschreiben. Eine weitere Indikation für eine Makrolidkombinationstherapie sind schwere (Pneumokokken-)Pneumonien, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, v.a. im septischen Schock.