Die Kunst liegt im Detail: Anamnese

Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass die Anamnese zur Erhebung einer Diagnose ganz entscheidend ist. In der hier vorgestellten Arbeit war die Anamnese auch für die Wahl der korrekten Therapie entscheidend.Einleitung

Invasive Pneumokokken Erkrankungen sind häufig und mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziert. Entscheidend für das Outcome ist die frühe und gezielte Antibiotikatherapie wobei sich da immer die Frage nach möglichen Resistenzen stellt. Mehrere Studien haben schon den Zusammenhang zwischen vorgängiger Antibiotikatherapie und der möglichen Entwicklung von Resistenzen untersucht aber die genaue Relation von vorgängiger Dauer, Dosis, Anzahl Antibiotikatherapien blieb unklar. Genau dieser Frage ist nun eine grosse Studie aus Canada nachgegangen.

Methoden

Es handelt sich um eine prospektive Studie über 10 Jahre (2002-2011) wo Patienten mit einer invasiven Pneumokokken-Erkrankung (Nachweis von S.pneumoniae in normalerweise sterilen Lokalisati-onen) eingeschlossen wurden. Mittels Fragebogen wurden detailliert die vorgängigen Antibiotikatherapien der letzten drei Monate erfasst. Dabei wurden Patienten/Angehörige/Hausärzte oder andere in der Behandlung involvierten Ärzte befragt. Alle Samples wurden zentral erfasst und auf Resistenzen nach CLSI und EUCAST-Richtlinien untersucht.

Resultate

4490 Episoden einer invasiven Pneumokokken-Erkrankung wurden identifiziert. Für gut 4000 Patienten lagen die vollständigen klinischen Daten und die mikrobiologischen Empfindlichkeitstestungen vor. Die Patientencharakteristika zeigen dass ca. ein Drittel der Patienten immunsupprimiert waren. Fast 90% der Patienten mussten hospitalisiert werden und ca. 30% auf der Intensivstation. Die 30-Tage Mortalität lag bei 17%.

Resistenzmuster

Vom Resistenzmuster her lag bei 20% eine Erythromycin-Resistenz vor, bei 1% eine Fluoroquinolon-Resistenz, bei 16% eine Penicillin-Resistenz und bei 6% eine Ceftriaxon-Resistenz. Dabei ist anzumerken dass die Erythromycin-Resistenz über die Jahre merklich zunahm (von 14% 2002 bis 32% 2011, p<0.0001), die Penicillin-Resistenz von 15% auf 17% (p=0.0003) zunahm und die Fluoroquinolon-Resistenz gleich blieb.

Ein Drittel der Patienten (1193, 29%) hatten eine Antibiotikatherapie in den letzten drei Monaten vor der aktuellen Episode wobei insgesamt 1782 Antibiotika gezählt wurden. Dabei wurden 436 mal Fluoroquinolone, 349 mal Makrolide, 322 mal Penicilline und 311 mal Cephalosporine eingesetzt. Die Zeit seit der letzten Antibiotikatherapie war statistisch klar signifikant mit einer erhöhten Resistenzbildung assoziert (siehe Table 1).Pneumokokken-AB1

Dabei sinkt das Resistenzrisiko für Penicilline, Cephalosporine und Fluoroquinolone rasch und entspricht nach 60-90 d wieder den lokalen Resistenzen. Makrolide unterliegen mit ihrer langen Halbwertszeit einer anderen Dynamik (Details siehe Figure 3).Pneumokokken_AB2

Für die Dauer der Antibiotikatherapie und der Anzahl verschiedener Antibiotikatherapien zeigte sich keine signifikante Assoziation.

 Diskussion

Zusammenfassend kann wieder einmal gesagt werden, dass eine fundierte detaillierte Anamnese über vorgängige Antibiotikatherapien wichtig ist in der Wahl des Antibiotikums. Bei invasiven Pneumokokken-Erkrankung scheint die Zeit seit der letzten Antibiotikatherapie entscheidend zu sein und nicht Dauer oder kumulative Anzahl der Antibiotika. Ob dies auch für andere Keime so gilt bleibt offen.