Warum die Antibiotika-Anamnese wichtig ist
Die Mehrheit der Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie (CAP) wird ambulant behandelt. Allerdings werden im Verlauf bis zu 10% der Patienten doch noch hospitalisiert und bis zu 55% der Patienten, die wegen einer CAP hospitalisiert werden, erhalten vor Spitaleintritt Antibiotika.
Diese Observationsstudie untersuchte den Einfluss von Antibiotika, die vor Spitaleintritt für die gleiche CAP-Episode verabreicht wurden, auf Ätiologie, Symptome, klinische Zeichen und klinischen Verlauf. Dazu wurden alle nicht schwer-immunsupprimierten Erwachsenen untersucht, die mit Pneumonie via Notfallstation in einem Spital in Barcelona zwischen 2003 und 2012 hospitalisiert wurden.
In dieser Studie hatten 17% aller Patienten Antibiotika vor Spitaleintritt erhalten, 62% davon Betalactam-Antibiotika, 24% Chinolone und 8% Makrolide. Patienten, die vor Hospitalisation Antibiotika erhielten, waren durchschnittlich etwas jünger und hatten etwas weniger Komorbiditäten und Alkoholabusus. Bei diesen Patienten gelang seltener ein Erregernachweis (52% vs. 68%, p<0.001) und insbesondere Pneumokokken und Haemophilus influenzae waren fast 50% seltener als bei Patienten, die keine Antibiotika erhalten hatten. Eine Bakteriämie war wesentlich seltener (4% vs 16%, p<0.001), der Pneumokokken-Antigentest im Urin jedoch nicht beeinträchtigt. Dagegen waren Legionellen häufiger, vor allem bei Vorbehandlung mit einem Betalactam (9.0% vs. 38%, p<0.001).
Andererseits hatten Patienten mit vorgängiger Antibiotikatherapie seltener Fieber (43% vs 34%), seltener septischen Schock (4% vs 11%) aber häufiger eine Kaverne (3.5% vs. 1.3%). Nach multivariabler Analyse mittels Propensity-score matching zeigte sich kein Unterschied für Klassifikation der Patienten in Hochrisiko-Gruppen gemäss klinischen Scores, ICU-Eintritt oder Mortalität.
Diskussion:
Ambulante Antibiotikatherapie für eine Pneumonie wird eher bei jüngeren und weniger kranken Patienten mit weniger Komorbiditäten versucht. Nicht verwunderlich ist, dass nach vorgängiger Antibiotikatherapie ein Erregernachweis, insbesondere mittels Blutkulturen, seltener gelingt und vor allem Pneumokokken, deren kulturelles Wachstum bereits durch geringe Antibiotikakonzentrationen erheblich gehemmt wird, wesentlich seltener nachweisbar sind. Ob dagegen der Anteil an Pneumokokkenpneumonien tatsächlich geringer ist, mag zu bezweifeln sein, nicht zuletzt da der Urin-Antigen-Test nicht beeinträchtigt wird. Dass Erreger wie Legionellen dann gehäuft nachgewiesen werden, wenn die initialen Antibiotika nicht dagegen wirksam sind, ist ebenso plausibel.
Fazit:
Vorgängige Antibiotikatherapie erfragen und bei der Beurteilung der Patienten, der Auswahl der diagnostischen Tests und der Beurteilung der (nicht) gefundenen Erreger berücksichtigen.