Kleider machen Ärzte
140 Jahre nach dem Erscheinen von Gottfried Kellers Novelle „Kleider machen Leute“ ist der Stellenwert der Spitalkleidung weder als Symbol für Professionalität noch als potentielle Quelle für Erregerübertragungen immer noch ungeklärt.
Die im Februar 2014 erschiene Studie im Infection Control and Hospital Epidemiology ist zwei Fragen nachgegangen:
- Stellenwert der Spitalkleidung in den Augen von Patienten und Gesundheitspersonal
- Risiko der Erregerübertragung durch Spitalkleidung (ausserhalb des Operationssaales)
Die Literatursuche in PubMed/Medline bezüglich des Stellenwertes der Spitalkleidung ergab 26 analysierbare Studien (1990-2013).
Zusammenfassend zeigte sich eine Vorliebe von Patienten für formale Bekleidung inkl. weissem Ärztekittel, welche jedoch insgesamt einen kleinen Stellenwert in Bezug auf Zufriedenheit und Vertrauen in den Arzt hatten. Wichtiger scheint die Kleidung eher in Bezug auf die Identifizierung des Gesundheitspersonales. Zusätzlich scheinen Patienten Kleidung nicht als potentiellen Infektionsüberträger zu sehen. Interessanterweise hat das Gesundheitspersonal eher als die Patienten das Gefühl, dass die Berufsbekleidung wichtig für das Vertrauen ist.
Es existieren keine klinischen Studien welche eine klare Übertragung von Keimen via Spitalkleidung zeigen. Wenige kleine prospektive Studien zeigen eine mikrobielle Kontamination von Berufskleidung. Nicht überraschend war häufig getragene, wenig gewechselte Kleidung am stärksten kontaminiert, vor allem die Stellen welche am häufigsten direkten Kontakt mit Patienten (z.B. Ärmel) hatten. Die selben Keime, welche sich an und auf den Händen des Gesundheitspersonals befanden, waren auch auf der Kleidung und auf den Kravatten (vor allem S.aureus, selten Acinetobacter, Enterokokken und gram neg. Keime) nachweisbar. Schuhe scheinen eher wegen der eigenen Sicherheit (Verletzungsgefahr) als im Zusammenhang mit direkter Keimübertragung gewissen Vorschriften entsprechen zu müssen.
Diese Arbeit zeigt, dass
- das Vertrauen in das medizinische Personal nicht unbedingt von der Kleidung abhängt bzw. die Patienten haben ihren Gottfried Keller gelernt und gemerkt, dass Kleider nicht unbedingt Leute machen,
- dass die Rolle der (Berufs-)bekleidung bei der Übertragung von Keimen weiterhin unklar ist. Entscheidende Massnahme bleibt für uns weiterhin die Händehygiene. Ärmelfreie Kleidung hilft, die Händehygiene korrekt durchzuführen, ob aber z.B. antimikrobielle Kleidung hilft, Übertragungen zu reduzieren, muss doch weiterhin in Fragen gestellt werden.