Wurmmittel aus der Tiermedizin
Parasitäre Erkrankungen gehören zu den „neglected diseases“, da sie praktisch nur noch in ärmeren Ländern vorkommen und keine Firma sich darum kümmert, besser verträgliche Mittel zu entwickeln. Schweizer Forscher möchten dies ändern…Wurmbehandlung im Visier
Ein Team von Forschern des „Swiss Tropical and Public Health Institute“ (vormals Schw. Tropeninstitut) und der Uni Basel haben sich vorgenommen, für den schwer zu behandelbaren Rundwurm (Namtoden) Trichuris trichiuria (sog. Peitschenwurm) eine alternative Behandlung zu finden. Die heutige Standardtherapie ist Albendazol oder Metronidazol. Doch beide Medikament haben schlechte Therapieerfolge bei Infektionen mit Peitschenwürmern.
Das Naheliegende tunDie Basler Forscher wählten das Naheliegendste: Sie verwendeten ein Medikament, das in der Tiermedizin seit 40 Jahren als Wurmmittel eingesetzt wird. Eigentlich naheliegend. Oxantel, das hier ausgwählt wurde, hat die Eigenschaft, dass es kaum durch den Darm aufgenommen wird, sondern praktisch vollständig im Darm bleibt. Damit kann man eigentlich erwarten, dass das Medikament auch bei Menschen ohne wesentlichen Risiken einsetzbar sein könnte.
Nebenwirkungen minimal
Und tatsächlich, die Nebenwirkungen waren bescheiden, vorwiegend Bauchkrämpfe. Diese dürften eher eine Wirkung der Therapie darstellen als eine direkte Nebenwirkung der Therapie. Denn wenn Würmer im Darm zerfallen, so können die Zerfallsprodukte des Wurms Nebenwirkungen hervorrufen. Dass dies tatsächlich der Fall sein dürfte, haben die Autoren sehr schön mit einer intelligenten Überprüfung der Nebenwirkungen nachgewiesen. Sie haben die Nebenwirkungen 3 und 24 h nach der Tabletteneinnahme untersucht. Der erste Zeitpunkt ist dann, wenn das Medikament – sollte es im Darm Nebenwirkungen verursachen – maximal konzentriert vorliegt. Der zweite Zeitpunkt (24h) war so gewählt, dass dann bereits ein grosser Teil der Würmer zerfallen sind. So dürften Nebenwirkungen, die erst dann auftreten, vorwiegend durch den Wurmzerfall (also durch die gewünschte Wirkung selbst) zustande kommen.
Die Autoren haben auch eine sehr elegante Darstellung des Nebenwirkungsspektrum gewählt (s. Abbildung, klicken für Vergrösserung). Man sieht auf einen Blick, das die dominante Nebenwirkung die Bauchkrämpfe nach 24 Stunden sind. Und diese Nebenwirkung ist vor allem unter dem neu untersuchten Oxantel maximal. Ein Hinweis, dass dieses Medikament auch besser wirken dürfte.
Wirkung massiv besser
Tasächlich war in dieser randomisierten Studie die Wirkung von Oxantel der Standardtherapie weit überlegen. Die Heilungsrate beim Peitschenwurm (Trichuris trichuria) war mit 31% (gegenüber 12% Standardtherapie) deutlich überlegen. Insbesondere war aber auch die von der WHO gewünschte Parasitenreduktionsrate (Eier!) mit 96% gegenüber 75% auch weit besser.
Eine Milliarde Menschen sind weltweit von Würminfektionen befallen. Eigentlich seltsam, dass wir unsere Hunde seit 40 Jahren besser behandeln als diese Menschen in armen Ländern.