Keuchhusten: was bringt die Cocooning Strategie?

In der Schweiz wurden 2012 7400 Fälle von Pertussis (Keuchhusten) gemeldet. Dies entspricht einer Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Auch 2013 steigen die Zahlen weiter. Anpassungen der Impfempfehlungen wurden bereits umgesetzt. Eine Studie gibt nun Hinweise, warum der aktuelle Impfstoff nicht ideal ist.

Aufgrund des unerwarteten Anstiegs der Pertussisfälle (siehe auch Graphik BAG), erfasst die Swiss Paediatric Surveillance Unit (SPSU) seit Januar 2013 alle Kinder, die wegen Pertussis im Spital bleiben müssen. Bisher wurden 47 Spitalaufenthalte gemeldet (Stand 4.12.2013). 

Quelle: BAG

Wie in anderen Ländern erkranken auch in der Schweiz zunehmend junge Erwachsene. Auch wenn Pertussis in dieser Altersgruppe fast immer komplikationslos verläuft, verbringen Betroffene Wochen mit zermürbendem Husten. Gleichzeitig gefährden Sie die Hochrisikogruppe der Säuglinge, für die Pertussis lebensbedrohlich ist. 

Anpassung der Impfstrategie in der Schweiz

Um der Gefahr gegenzusteuern, wurde in der Schweiz 2012 bzw. 2013 die Impfstrategie angepasst. U.a. sollen Säuglinge, die vor dem Alter von 5 Monaten eine Betreuungseinrichtung (Krippe etc.) besuchen, beschleunigt geimpft werden (Monat 2/3/4). Dies führt zu einem rascheren Schutz vor der Erkrankung. Daneben sind zusätzlichen Impfungen empfohlen für:

  • Jugendliche im Alter zwischen 11 und 15 Jahren im Rahmen der Diphtherie- und Tetanus-Impfung
  • Erwachsene zwischen 25-29 Jahre
  • Schwangere mit letzter Keuchhusten-Impfung vor mehr als 5 Jahren
  • Kontakt- und Betreuungspersonen von Säuglingen unter 6 Monaten mit letzter Keuchhusten-Impfung vor mehr als 10 Jahren
  • Diese Strategie wird als „Cocooning“-Strategie bezeichnet. Die Impfung der Umgebung soll verhindern, dass Bordetella pertussis auf die gefährdeten Säuglinge übertragen wird.

Studie: Ausscheidung Pertussis durch azellulären Impfstoff nicht beeinflusst

Dass genau dieses angestrebte Ziel möglicherweise nicht erreicht werden könnte, zeigt diese Studie zumindest im Affenmodell (Pavian). Wissenschaftler aus Maryland haben den azellulären Impfstoff (aP) gegen Pertussis (auch in der Schweiz verwendet) mit dem „alten“ Ganzzell-Impfstoff (wP) und der Situation bei Umgeimpften (Naive) bzw. in der Abheilungsphase der natürlichen Infektion (Conv.) verglichen. Resultat: die Tiere nach aP sind zwar vor der symptomatischen Infektion geschützt, scheiden das Bakterium aber, wie Naive signifikant länger aus als wP (siehe Graphik 1, CFU = colony forming units).

Graphik 1 (siehe Text), Quelle: Warfel, 2013, PNAS

„Unvollständige“ Immunantwort als Ursache?

Es konnte auch gezeigt werden, dass dies bei Umgeimpften zu einer Infektion führen konnte. Ansteckungen von ungeschützten Personen, insbesondere Säuglingen, wäre also trotz Cocooning möglich. Die Wissenschaftler versuchen, den möglichen Ursachen nachzugehen. U.a. zeigen sie auf, dass die aP-Impfung (verglichen mit wP und Conv) keine Th-17 Immunantwort induziert (siehe Graphik 2). Diese Immunantwort spielt aber besonders für die Abwehr extrazellulärer Bakterien an den Schleimhäuten eine wichtige Rolle.

Graphik 2 (siehe Text), Quelle: Warfel, 2013, PNAS

Fazit

Diese Arbeit zeigt, dass verschiedene Impfstoffe zu unterschiedlichen zellulären Immunantworten führen und dadurch auch die klinische Wirksamkeit einer Impfung entscheidend beeinflusst wird. Empfehlungsstrategien sollten immer wieder überprüft und hinterfragt werden, so auch die Cocooning-Strategie bei Pertussis. Zum aktuellen Zeitpunkt haben wir aber keine Alternative zum azellulären Pertussis-Impfstoff, denn zum „alten“ Ganzzellimpfstoff  können wir aufgrund der schlechteren Verträglichkeit nicht zurück, und ein neuer, besserer Impfstoff ist noch nicht in Sicht.

Trotz dieser Einschränkung bleibt die aktuell verfügbare Impfung ein wirksamer Eigenschutz gegen Keuchhusten. Aus diesem Grund und mit Blick auf die Epidemiologie sollten wir die neuen Empfehlungen der zusätzlichen Impfungen umsetzen.

 


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