Toxizität von HIV-Medikamenten während der Schwangerschaft

Dies ist eines der schwierigsten Themen überhaupt. Zwar wissen wir, dass mit HIV-Therapie behandelte Frauen in der Regel gesunde Kinder zur Welt bringen, aber wie sicher sind wir da wirklich? Eine Fragestellung, bei der wir laufend auf weitere Daten angewiesen sind.

Französische Erfahrungen zur Fetotoxicität der ART im ersten Trimenon
Bisher gingen wir eigentlich davon aus, dass Efavirenz – trotz Warnung SS-Klasse D – kein grosses Risiko darstellt. Dies vor allem aufgrund von Daten aus Registern, die in einer Metaanalyse (Ford, AIDS 2011) eine normale Geburtsgebrechlichkeitsrate auch bei EFV-behandelten Frauen zeigten. Die Arbeit aus Frankreich ist daher besonders wichtig (Abstr 81). Es wurden Daten von über 13‘000 Schwangerschaften (1994 bis 2010) zusammengefasst. Als Besonderheit wurden bei jedem Geburtsdefekt Expositionsbeginn und -dauer für jede einzelne Substanz analysiert. Einschränkungen sind, dass nur Lebendgeburten einbezogen wurden und Informationen über zusätzliche Medikamente fehlten.

372 Frauen waren im ersten Trimenon mit EFV-exponiert. Zwar zeigte sich keine Erhöhung allgemeiner Geburtsschäden, aber bei vier Kindern (3.2%) wurden neurologische Defekte festgestellt. Alle diese Mütter standen bereits vor Eintreten der Schwangerschaft unter EFV, mit Fortsetzung. Keiner der 4 neurologischen Defekte war mit dem Neuralrohr assoziiert, der Mechanismus ist unklar. Die Schlussfolgerung der Studienautoren: in Ländern mit Ausweichmöglichkeiten sollte EFV, nach ihrer Einschätzung, nicht in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Allerdings muss hier einschränkend gesagt werden, dass drei der vier beobachteten, neurologischen Befunde durchaus Zufallsbefunde sein könnten, die keine Relevanz für die Kinder haben (Pachygyrie, Agenesie des Corpus Callosum, Cerebrale Zyste).

Die gleiche Studie zeigte eine Assoziation von AZT-Exposition mit kongenitalen Herzschäden, wie bereits bekannt (Brogly 2010, Watts 2011). Bei Untersuchung der über 3‘200 Expositionen im ersten Trimenon zeigte sich eine OR von 2,5 für Ventrikelseptumdefekte. Follow-up-Untersuchungen über Auswirkungen (spontanes Verschwinden?) stehen aus. Die Autoren halten weitere Untersuchungen über AZT in der Schwangerschaft für erforderlich

Gerade die Französische Perinatalkohorte hat gezeigt, dass die tiefste Rate von Mutter-Kind-Übertragung bei etablierter ART schon vor der Schwangerschaft gefunden wird (Warszawski et al). ART der Mutter und die weiteren Massnahmen zur Verhütung der Mutter-Kind-Übertragung haben zu einer Reduktion der vertikalen Transmission auf unter 1% geführt. Dies sollte in Relation zu den genannten Daten gestellt werden. Um das (Rest-)Risiko im ersten Trimenon zu vermeiden, wird bei Frauen, die bei Eintritt der Schwangerschaft noch nicht unter ART stehen, in den meisten europäischen Ländern ein ART-Start nach dem ersten Trimenon empfohlen. Angesichts der gezeigten Daten zu AZT (und der laufenden Diskussion über TNF in der Schwangerschaft) wurden von den Vortragenden Studien zu NRTI-sparenden Kombinationen in der Schwangerschaft empfohlen. Tatsächlich wurde in der Französischen Perinatalkohorte bereits eine PI-only-Studie in der Schwangerschaft durchgeführt (Mandelbrot et al).