Erfahrungen mit Telaprevir und Boceprevir

Erhöhte, intrazelluläre Ribavirin-Spiegel unter Telaprevir
Unter Tripletherapie mit Telaprevir oder Boceprevir ist eine Anämie häufiger und ausgeprägter als unter PegInf/RBV alleine. RBV verursacht bekanntlich eine Hämolyse. Eine Interaktion zwischen den HCV-Proteasehemmern und RBV wurde vermutet, bisher aber nicht gezeigt. RBV akkumuliert intrazellulär in der phosphorylierten Form. Hammond (Abstr 34) hat die intrazellulären RBV-Konzentrationen von 5 Patienten unter Tripletherapie (TVR+PegINF+RBV) mit den Konzentrationen unter Dualtherapie (PegINF+RBV, n=16) verglichen und unter TVR höhere, intrazelluläre RBV-Spiegel nachgewiesen. Die Erhöhung entwickelte sich unter 3er-Therapie langsam über Wochen und verschwand nach Absetzen des TVR wieder. Vermutet wird ein Einfluss von TVR auf membranständige Transporter (z.B. p-Glycoprotein). (s. Abb. rechts; clicken zum Vergrössern). Diese Studie passt gut zu dem zwischenzeitlich etablierten Anämie-Management unter Tripletherapie: eine Dosisreduktion von RBV bei Anämie ist, ohne Einfluss auf den Therapieerfolg, gut möglich!

Telaprevir bei HIV-/HCV-Koinfektion nach Peg/Riba-Faillure (GT-1)
Behandelt wurden 69 Patienten mit unterschiedlichem Ausmass an Leberfibrose (16% Fibrose F3 nach Metavir, 23% F4= Zirrhose, Abstr 36). Ausgeschlossen waren lediglich zirrhotische Patienten mit Null-Response bei der früheren Therapie. Alle Patienten waren unter cART mit TDF/FTC + entweder RGV oder ATV/r. Etwas ungewöhnlich war das Studiendesign mit einer 4-wöchigen Lead-in Phase mit PegINF/RBV (wie wir das unter BOC gewohnt sind). Anschliessend kam die 12-Woche-Tripletherapie, gefolgt von einer unterschiedlich langen 2er-Therapie (PegINF/RBV), je nach Therapieansprechen bei Woche 8.
Gezeigt wurden die Resultate bei Wo 16. Bereits 4 Wochen nach Start mit TVR (d.h. bei Th-Woche 8) zeigte sich ein sehr gutes Therapieansprechen und bei Woche 16 war die HCV-RNA bei 88% der Patienten nicht nachweisbar (s. Abb). Nur 1 Patient musste die Behandlung wegen ungenügendem Therapieansprechen abbrechen und bei 3 Patienten ist gemäss Studiendesign eine Verlängerung der Behandlung auf 72 Wochen geplant. Zu einem viralen Break-through ist es nicht gekommen. Ausgeprägt waren die hämatologischen Nebenwirkungen, 61% der Patienten erhielten Erythropoetin. Unerwartete Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Erstaunlich und erfreulich: das Ansprechen bei Woche 16 war in den Subgruppen, die üblicherweise schlechter ansprechen (fortgeschrittene Fibrose/Zirrhose und frühere Null-Responder) gleich gut wie in den Subgruppen mit guten Prädiktoren für einen Therapieerfolg.

Boceprevir bei HIV-/HCV-koinfizierten Peg/Riba-Therapieversagern (Genotyp-1)
Das Studiendesign (Abstr 37) ist ähnlich wie oben unter TVR beschrieben. Die Dauer der Tripletherapie wird aber (wie üblich unter BOC) länger sein. Behandelt wurden 63 Patienten, wobei 2 nach der Lead-In Phase abgebrochen haben, also nie BOC erhalten haben. Die ART bei den Patienten bestand aus 2 NUCs + entweder RAL (42%) oder ATV/r (50%). Berichtet wurden ebenfalls die Woche 16-Daten unter Therapie. Obwohl ein direkter Vergleich nicht statthaft ist, zeigt sich doch, dass die antivirale Potenz von Boceprevir im Vergleich zu Telaprevir wohl etwas geringer ist. Insgesamt zeigten 63% der Patienten bei Wo 16 eine nicht nachweisbare HCV-RNA. 90% der Relapse-Patienten waren bei Wo 16 supprimiert, hingegen nur 38% der früheren Null-Responder. Wie unter TVR fand sich auch unter BOC keine Korrelation des frühen Therapieerfolgs mit dem Fibrosegrad der Leber. Patienten unter ATV/r scheinen etwas schlechter anzusprechen als Patienten unter RAL (Abb. 2. vs. 3. Gruppe von links), ob das signifikant ist, ist noch offen.

Bei den Nebenwirkungen gab es keine Überraschungen. 17% der Patienten entwickelten bis Wo 16 eine Granulopenie Grad 3 oder 4 (<750 G/L) und 3 Patienten eine schwere Infektion (Grad 3 oder 4). Wie wir aus dem französischen early-access-Programm bei Patienten mit kompensierter Zirrhose (CUPIC-Studie) bereits gelernt haben. Bei Patienten mit fortgeschrittener Hepatopathie und Komorbidität ist unter Tripletherapie mit schweren, potentiell tödlichen Infektionen zu rechnen. Engmaschige klinische und Blutbild-Kontrollen sind absolute Pflicht.