Je schneller, desto besser? Nicht immer…..!

Gilt die Aussage: "Je schneller, desto besser" auch bei der Verordnung von Antibiotika ? 

Nein! Wie in einer im Lancet Infectious Disease kürzlich veröffentlichten Studie gezeigt wurde, bleibt der Beginn einer sofortigen, antibiotischen Therapie nur ganz bestimmten klinischen Situationen vorbehalten.

Nicht nur auf Intensivstationen, sondern auch im täglichen Alltag ist es manchmal schwierig zu entscheiden, ob überhaupt eine Infektion vorliegt, ob diese bakteriell verursacht ist, ob eine antimikrobielle Therapie nötig ist, wann der richtige Zeitpunkt zum Start ist. Dies alles Fragen auch im Hinblick darafu, möglichst keine Resistenzen durch den unnötigen Einsatz antimikrobieller Substanzen zu generieren und auch möglichst die körpereigene Flora nicht unnötig zu stören (Stichwort Microbiota).
In einer Beobachtungsstudie auf einer chirurgischen, universitären Intensivstation in Virginia (USA) wurde im Zeitraum von 2 Jahren (01.09.2008 bis 31.10.2009, respektive 01.09.2009 bis 31.10.2010), zuerst ein "aggressiver" Therapieansatz, in der Folge ein "konservativer" Therapieansatz bezüglich Verordnung einer antibiotischen Therapie gewählt.

Studie:

Der aggressive Ansatz gab folgendes Vorgehen vor: Abnahme von Kulturen und sofortiger Beginn einer antibiotischen Therapie mit Piperacillin/Tazobactam und Vancomycin, wenn der Verdacht einer Infektion geäussert wurde, d.h heisst Fieber oder Leukozytose. Carbapeneme wurden primär in Reserve gehalten. Die antibiotische Therapie wurde nach 72 Stunden, d.h nach Erhalt der ersten Kulturresultate reevaluiert und ggf. gestoppt, falls keine Mikroorganismen gefunden wurden.
Beim konservativen Ansatz hingegen wurde erst dann eine antibiotische Therapie begonnen, wenn auch positive Kulturresultate vorlagen. Positive Kulturresultate bedeutet z.B Trachealsekret mit > 100’000 colony forming units, jeglicher Keim aus einem als steril geltendem Material, > 100’000 colony forming units prol ml im Urin.
Ausgenommen von dieser Studie waren von vornherein Patienten mit einer Sepsis, da eine Verzögerung der antibiotischen Therapie in einer solchen Situation fatal wäre.
Der primäre Outcome der Studie war die Auswirkung der beiden Vorgehensweisen auf die Mortalität.

Resultat:

Der konservative Ansatz war assoziiert mit einer tieferen Mortalität (p=0.015), einer kürzeren Therapiedauer und einem früheren, gezielten Therapiestart (da ja die Erreger bekannt waren). Damit wiederum wurden Kosten gespart, die körpereigene Flora geschont und insgesamt also ein besseres Outcome erreicht.

Kommentar:

Schöne Studie, die von den Autoren auch in gewissen Punkten selbstkritisch hinterfragt wurde. Es müssen sicher weitere, auch kontrolliert, randomisierte Studien folgen, aber die Botschaft geht in die richtige Richtung!!!
Antibiotika richtig einsetzen bleibt schwierig. Es gibt einige klinische Situationen, die einen unverzüglichen Start erfordern, aber es gibt auch Situationen wo "gut Ding Weile hat"
 

Quelle: Hranjec T. et al., The Lancet infectious Disease 2012