Dauer der HCV-Therapie: wie lang ist lang genug?

Mittlerweile hat sich das Konzept der "response-guided therapy" durchgesetzt, d.h. die Therapiedauer richtet sich nach dem virologischen Ansprechen. Aber was ist der Preis für eine Therapieverkürzung bzw. – verlängerung und wieviel PatientInnen kommen dafür überhaupt in Frage? Eine aktuelle Metaanalyse gibt Antwort.

Eine kürzlich in Hepatology erschienene Metaanalyse randomisiert-kontrollierter Studien zum Thema "response-guided" HCV-Therapie mit pegyliertem Intereron (Peg-IFN) plus Ribavirin (RBV) bei therapie-naiven HCV-Genotyp 1, 2 und 3-Patienten hat Folgendes untersucht:

  1. Nutzen einer verlängerten Therapiedauer von 72 (statt 48) Wochen bei Genotyp 1-"slow responders"
  2. adäquate Verkürzung der Therapiedauer bei Genotyp 1- und Genotyp 2/3-"rapid responders"
  3. (bereits nach 4 Wochen nicht mehr nachweisbare HCV-RNA)

17 Studien mit insgesamt 624 Genotyp 1-"rapid responders", 570 Genotyp 1-"slow responders" und 2062 Genotyp 2/3-"rapid responders" (therapienaiv) wurden hinsichtlich virologischem Outcome (sustained virological response (SVR), Relapse) und Therapieabbruch (Drop-out) analysiert (intention-to-treat). Dabei wurden Faktoren wie Ausmass der Therapieverkürzung, Ribavirin-Dosis und baseline-Viruslast berücksichtigt.

1) Genotyp 1-"slow responders"
(HCV-RNA-Abfall von > 2 log U/ml Woche 12 und nicht nachweisbare HCV-RNA Woche 24)

Eine Therapieverlängerung von 48 auf 72 Wochen führt zu einer

  • Steigerung der SVR-Rate um +10,7% (95%-CI: +4,4 bis +17,1%) [39,4% versus 30,3%; RR: 1,4 (95%-CI: 1,11-1,77)],
  • Verringerung der Relapse-Rate um -12,3% (95%-CI: -25,4 bis 0%) [16,0% versus 33,0%; RR: 0,54 (95%-CI: 0,37-0,77)] und zu einer
  • nicht signifikanten Erhöhung der Drop-out-Rate um +4,5% (95%-CI: -0,6% bis +9,6%) [16,6% versus 10,4%; RR: 1,46 (95%-CI: 0,98-2,19)].

Genotyp 1-Patienten mit cEVR (complete early virological response = nicht nachweisbare HCV-RNA Woche 12) zeigen dagegen bei Therapieverlängerung auf 72 Wochen keine signifikante Steigerung der SVR-Rate (+4,4%; 95%-CI: -3,1% bis 11,8%, p=0,25) [69,3% versus 64,5%; RR: 1,06 (95%-CI: 0,95-1,18)].

2.a) Genotyp 1-"rapid responders" (ca. 15% aller Genotyp 1-Patienten)
(bereits nach 4 Wochen nicht mehr nachweisbare HCV-RNA)

Eine Therapieverkürzung von 48 auf 24 Wochen führt zu einer
Reduktion der SVR-Rate um -12,5% (95%-CI: -19,2% bis -5,8%) [94,1% versus 79,7%; RR: 1,15 (95%-CI: 1,07-1,24)] und zu einem
Anstieg der Relapse-Rate um +8,8% (95%-CI: +2,9% bis +14,8%) [4,4% versus 14,9%; RR: 0,45 (95%-CI: 0,22-0,93)].

Für Genotyp 1-"rapid responders" mit einer niedrigen baseline-Viruslast von <400.000 U/ml hatte die Therapieverkürzung auf 24 Wochen dagegen keine signifikante Reduktion der SVR-Rate zur Folge (-4,4%; 95%-CI: -9.8% bis +1%) [95,5% versus 90,6%; RR: 1,05 (95%-CI: 0,99-1,11)].
 

2.b) Genotyp 2/3-"rapid responders" (ca.70% aller Genotyp 2/3-Patienten)
(bereits nach 4 Wochen nicht mehr nachweisbare HCV-RNA)

Grundsätzlich ist die SVR-Rate mit der 24wöchigen Standard-Therapiedauer höher als bei einer verkürzten Therapiedauer (+4,1%; 95%-CI: +0,1% bis +8,5%) [87,1% versus 81,0%; RR: 1,05 (95%-CI: 1,00-1,11)] und die Relapse-Rate um -6,6% (95%-CI: -12,7 bis -0,4%) tiefer [3,6% versus 12,3%; RR: 0,35 (95%-CI: 0,21-0,61)].

Der Benefit bzgl. SVR ist allerdings nicht signifikant, wenn:

  • Ribavirin gewichts-adaptiert gegeben wird und die verkürzte Therapiedauer 16 Wochen beträgt ("optimal short arm") (-1,7%; 95%-CI: -6,1% bis +2,7%, p=0,46) [89,9% versus 88,6%; RR: 0,98 (95%-CI: 0,94-1,03)] bzw.

 

  • bei Genotyp 2 (+1,6%; 95%-CI: -0,2% bis +5,6%) [89,3% versus 83,8%; RR: 1,02 (95%-CI: 0,97-1,06)]

Conclusions bzgl. Dauer der HCV-Therapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin:

  1. Genotyp 1-"slow responders" (HCV-RNA-Abfall von > 2 log U/ml Woche 12 und nicht nachweisbare HCV-RNA Woche 24) profitieren von einer Verlängerung der Therapiedauer von 48 auf 72 Wochen.
  2. Genotyp 1-"rapid responders" (bereits nach 4 Wochen nicht mehr nachweisbare HCV-RNA) mit hoher baseline-Viruslast müssen 48 Wochen behandelt werden, wohingegen die Therapiedauer bei einer Ausgangs-Viruslast von <400.000 U/ml auf 24 Wochen verkürzt werden kann, ohne dass dies zu einer signifikanten Reduktion der SVR-Rate führt.
  3. Bei Genotyp 2/3-"rapid responders" (bereits nach 4 Wochen nicht mehr nachweisbare HCV-RNA) kann die Therapiedauer ohne eine Verschlechterung der SVR-Rate reduziert werden, solange mindestens 16 Wochen behandelt wird und Ribavirin gewichtsadaptiert gegeben wird.

Quelle: Di Martino V et al., Hepatology 2011;54:789-800

Zum Weiterlesen empfohlen: EASL Clinical Practice Guidelines: Management of hepatitis C virus infection (Juni 2011)