Antibiotika zur Prävention bei COPD

PatientInnen mit chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) haben oft wiederkehrende Episoden mit schweren Zustandsverschlechterungen der Lungenfunktion, meist verbunden mit Hospitalisation. Eine Studie im NEJM hat die präventive Wirkung von Azithromycin untersucht. 

Die COPD ist eine heimtückische Krankheit der Lunge, gehäuft bei Rauchern und anderen Personen mit vorgeschädigter Lunge. Die Infektionsabwehr ist abgeschwächt, auch durch die verminderte Reinigungsfunktion des durch langjährige Schädigung anatomisch veränderten Lungengewebes. Durch die Häufung von Infektionen werden Patienten mit COPD immer wieder stark in ihrer Lebensqualität und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt und müssen nicht selten hospitalisiert werden. Es scheint daher trivial, dass man versuchen möchte, die Infektionshäufigkeit durch präventive Gabe eines Antibiotikums zu senken.

Azithromycin ist ein Medikament, welches möglicherweise in der Lunge nicht nur die direkte antibiotische Wirkung zeigt, sondern womöglich auch durch immunmodulatorische und entzündungshemmende Eigenschaften zusätzliche Schutzwirkungen aufweist.

Randomisierte Studie durch NIH finanziert
Bei der publizierten Arbeit handelt es sich um eine Studie, welche durch das Amerikanische Gesundheitsinstitut (NIH) finanziert wurde. Patienten mit dokumentierter COPD wurden randomisiert (ca. 570 pro Arm) entweder mit Placebo oder Azithromycin (250mg/d) behandelt. Es interessierte das Auftreten von Exacerbationen welche zu einer Arztvisite (nciht zwingend Hospitalisation) führten.

Exacerbationen reduziert, nicht Hospitalisationen
In beiden Behandlungsarmen erlitten Patienten sog. Excazerbationen ihrer Lungenkrankheit (verstärkt Husten, Auswurf, Atemnot über mindestens 3 Tage). Die Episoden waren etwas seltener (1.48) in der Interventionsgruppe, die Azithromyzin erhalten hatte als in der Placebogruppe (1.83 pro Jahr). Wie die nebenstehende Kaplan-Meier-Kurve zeigt, wurde ein Effekt erst nach einem Monat messbar und nach einem Jahr hatten etwa 10% mehr Patienten in der Behandlungsgruppe nie eine Exacerbation erlebt. Doch die beiden Kurven scheinen parallel zu verlaufen, sodass unklar ist, ob die Behandlung nach Ablauf eines Jahres noch einen zusätzlichen Nutzen hat. 
Der Unterschied im Auftreten von Exacerbationen war signifikant, doch die Hospitalisationsrate in den beiden Gruppen war nicht signifikant unterschiedlich (323 vs. 329 in den beiden Gruppen).

Hohe Kosten für marginalen Nutzen
Die Kosten der Einnahme von einer Tablette Azithromycin ist vertretbar, doch man muss alle möglichen "Kosten" berücksichtigen, also auch die Möglichkeit der Entstehung von Makrolid-Resistenzen, ein Problem, mit dem wir ohnehin mehr und mehr konfrontiert sind, sowie auch mögliche Nebenwirkungen. Interssanterweise gab es mehr Patienten mit Schwerhörigkeit (gemessen im Audiogramm) unter Azithromycin (25% vs. 20%, p=0.04). Auch konnte gezeigt werden, dass das Auftreten von neuen Makrolid-Resistenzen mit 81% vs. 41% (p<0.001) deutlich häufiger in der Azithromycin Gruppe vorkam.

Dies bedeutet, dass man 2-3 Patienten ein Jahr lang behandeln muss, um eine Exacerbation zu verhindern. Wenn man bedenkt, dass Hospitalisationen nicht verhindert werden, so sind doch die Nebenwirkungen und Kosten der Behandlung (3’000.- CHF Antibiotika-Kosten pro Exacerbation) nicht unbedeutend. Wir würden meinen, dass diese Prävention nicht grundsätzlich zu empfehlen sei.

Quelle: Albert et al, NEJM 25.8.2011