Eine besondere "themed discussion" (s. Video) hat am CROI die wichtigsten Daten zu pharmakogenetischen Aspekten zur HIV-ProgressionToxizität und HCV-Therapieantwort behandelt.
Virologisches Versagen unter Efavirenz (EFV)- und/oder Abacavir (ABC)-haltigen HIV-Therapien
(Paul McLaren) Patienten aus verschiedenen Therapie-naiven Studien (A5202, A5142, A5095, ACTG384) mit EFV- und/oder ABC-enthaltender Therapie wurden untersucht, insgesamt 1622 mit EFV und 792 mit ABC. Für etwa 500K SNPs wurde getestet, ob eine Assoziation besteht mit:
1) virologischem Ansprechen (VL<50 Kop/ml) bei/vor Woche 16,
2) virologischem Relapse (VL erneut >200 Kop/ml, nachdem schon einmal darunter) und
3) virologischem Ansprechen (VL<50 Kop/ml) bei/vor Woche 48.
Keiner der untersuchten SNPs erreichte genome-wide significance (p<5x 10-8). Bei Woche 48 hatte man für EFV 80% Power einen OR>2,1 zu detektieren und für ABC 80% Power für einen OR von >3,7 zu detektieren.
(Abbildung mit gestrichelter Linie = Schwelle für genome-wide significance)
Pharmakogenetik der Kreatinin-Clearance-Veränderungen unter Tenofovir (TDF)
Auf dem IAS 2010 wurde von Goicoechea ein Zusammenhang zwischen SNPs in Medikamententransportern und dem renalen Outcome unter Tenofovir-haltiger ART gezeigt. Nun wollte man testen, ob sich die Resultate in der ACTG A5202-Studie (1857 HIV-positive, ART-naiv, 3TC/ABC oder FTC/TDF mit entweder ATV/r oder EFV) reproduzieren lassen (17 SNPs untersucht). Primärer Endpunkt war die Änderung der errechneten Kreatinin-Clearance Woche 96 gegenüber Baseline.
Für 539 Patienten unter Tenofovir waren errechnete Kreatinin-Clearance und SNP-Daten verfügbar (244 Europäer, 162 Afrikanische Amerikaner, 133 Hispanics; 263 TDF+ATV/r, 276 TDF+EFV). Sowohl bei Woche 48 als auch bei Woche 96 konnte keine signifikante Veränderung der Kreatinin-Clearance beobachtet werden (p>0,18). Lediglich 28% hatten einen Abfall der Kreatinin-Clearance um >10% bei Woche 96.
Die einzige genetische Assoziation, welche gefunden werden konnte, war ein rezessives Allel rs2273697 A für eine erhaltene errechnete Kreatinin-Clearance bei Woche 96 (p=0,04) (nicht der Fall bei Afrikanischen Amerikanern und Hispanic, bei denen der AA-Genotyp selten war). Allerdings war der Effekt in umgekehrter Richtung zu früheren Studien.
Somit konnten die früher gezeigten genetischen Assoziationen mit TDF-assoziierter renaler Toxizität nicht reproduziert werden. Als mögliche Erklärung führten die Autoren folgendes an: 1) die in der A5202-Studie beobachten nur geringen Kreatinin-Clearance-Veränderungen &
2) eine mögliche Abhängigkeit von der begleitenden ART.
Pharmakogenetik der Pharmakokinetik von Etravirin (ETV)
Ziel war es, den Einfluss von genetischen und nicht-genetischen Faktoren auf den Etravirin (ETV)-Metabolismus zu untersuchen. In einem 1. Schritt wurden 10 SNPs in gut bekannten Genen untersucht, welche im ETV-Metabolismus eine Rolle spielen (CYP2C9, CYP2C19, CYP3A). In einem 2., sog. „discovery-step“ wurden nochmals 104 SNPs in CYP3A, POR, nuclear receptors und UGTs-Genen untersucht.
Ko-Medikation und genetische Faktoren erklären zusammen 10% der Varianz der ETV-Clearance (je 5%), wobei die ETV-Clearance durch Lopinavir, Tenofovir und Darunavir erhöht und durch die genetischen Faktoren (CYP2C19*2 und CYP2C9*3) verringert wird. Die entgegengesetzten Effekte von Ko-Medikation und genetischen Varianten können sich dabei gegenseitig kompensieren.
Im Discovery-Step wurden 2 SNPs im UGT 1A-Gen gefunden, welche die ETV-Clearance erhöhen, wobei der Effekt nur auf jeweils einem Individuum beruhte.
Inosin-Triphosphat-Pyrophosphatase (ITPA)-Polymorphismen, die bei HIV-HCV-Koinfizierten vor Ribavirin (RBV)-induzierter Anämie schützen
Der Einfluss von Inosin-Triphosphat-Pyrophosphatase (ITPA)-Genvarianten auf die Ribavirin-induzierte Anämie wurde bereits von Fellay et al. (Nature 2010;464:405) beschrieben. Zwei SNPs (rs1127354 und rs7270101) können die ITPA-Enzymaktivität beeinflussen, wobei eine Abnahme vor Ribavirin-induzierter hämolytischer Anämie schützt. Die beiden erwähnten SNPs und ihr Einfluss auf die Ribavirin-induzierte Anämie wurden bei 50 HIV-HCV-Koinfizierten untersucht (57% Genotyp 1, 12% Zirrhose, RBV 1000-1200mg/d, 95% unter HAART).
Die Allel-Verteilung der SNPs war wie folgt:
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rs1127354: 85% CC, 14,4% CA, 0,3% AA und
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rs7270101: 73% AA, 25% AC und 2,4% CC.
Das Ausmass des Hb-Abfalls bei Therapiewoche 12 war bzgl. rs1127354 bei CC-Trägern mit 3,5g/dl signifikant grösser als bei CA-Trägern mit 1,5 g/dl (p=0,07) und bzgl. rs7270101 bei AA-Trägern grösser als bei AC-Trägern (3,6 versus 2,7 g/dl, p=0,06). Erwartungsgemäss waren Erythropoetin-Einsatz und Ribavirin-Dosisreduktion bei rs1127354 CC-Trägern häufiger als bei CA-Trägern.
Variationen im LDL-Rezeptor-Gen sagen unabhängig vom IL28B-Polymorphismus das HCV-Therapieansprechen bei HIV-HCV-Koinfizierten voraus.
Der LDL-Rezeptor ist einer der Oberflächenrezeptoren für HCV. Bei 184 HIV-HCV-Koinfizierten, welche sich einer Behandlung mit Pegyliertem Interferon und Ribavirin unterzogen, wurden das LDL-Rezeptor-Gen (rs14158) und IL28B (rs12979860) mittels PCR analysiert und mit dem Therapieansprechen (SVR) korreliert.
Insgesamt war das Therapieansprechen bei CC-Trägern für das LDL-Rezeptor-Gen (rs14158) besser als bei den TC- oder TT-Trägern (55% versus 38%, p=0,028). Die Subgruppenanalyse ergab, dass dieser Unterschied v.a. auf einen Unterschied bei Genotyp 1 und 4 zurückzuführen war (41% versus 20%, p=0,02), wohingegen sich bei Genotyp 2 und 3 kein signifikanter Unterschied zeigte (84% versus 75%, p=0,513).
Das gleichzeitige Vorliegen eines vorteilhaften LDL-Rezeptor- und IL28B-Genotyps (jeweils CC) resultierte für Genotyp 1 und 4 in einer SVR-Rate von 69%, verglichen mit 14% bei gleichzeitigem Vorliegen eines nachteiligen LDL-Rezeptor- und IL28B-Genotyp (jeweils TC oder TT) (additiver, unabhängiger Effekt, Abb: Säulendiagramm rechts).