Hepatitis C Therapie wird erwachsen

Pünktlich zum EASL Kongress hat das NEJM heute gleich zwei Artikel zur Wirksamkeit eines neuen Proteasehemmer zur Behandlung der HCV-Infektion publiziert. Eine neue Ära der HCV-Therapie kann losgehen….

Als die hervorragenden Resultate der HIV-Dreierkombinationen 1996 publiziert wurden, sprach man von Paradigmenwechsel. Dies ist bei HCV sicher nicht vergleichbar. Wir können jetzt schon einen guten Teil der infizierten Patienten heilen. Das ist  beachtlich für eine chronisch verlaufende Virusinfektion.

Doch noch immer gibt es Probleme mit der HCV-Therapie: Die Nebenwirkungen der Standardbehandlung (Interferon!) sind happig, die Resultate insbesondere beim Virus-Genotyp 1 und 4 noch dürftig und die Dauer der Behandlung gerade bei HIV-Koinfektion lang. Neue Therapiestrategien sind also erwünscht.

Analog zur Situation bei HIV wurden nun Protease-Hemmer entwickelt, welche sehr spezifisch die Neubildung von Viruseigenen Proteinen hemmen. Virale Proteasen haben die Aufgabe, bei der Neubildung von Viren die zunächst entstehenden Protein-Vorstufen in die endgültigen Proteine aufzuspalten. Die hohe Spezifität dieser Protease ist zwar ein Vorteil, indem unerwünschte Wirkungen aufgrund Hemmung von Proteasen der menschlichen Zellen weniger wahrscheinlich werden. Doch gleichzeitig hat dies auch den Nachteil, dass diese neuen Medikamente nur gegen spezielle HCV-Genotypen wirken.

In der heutigen Nummer des NEJM wurden nun gleich die Daten von vier Phase 3 Studien zu Boceprevir vorgestellt. Dabei handelt es sich um zwei Studien (SPRINT 1 und 2) bei zuvor unbehandelten Patienten und zwei (Zwillings-)Studien (RESPONSE 1&2) bei vorbehandelten Patienten, wobei die  – jeweiligen Zwillingsstudien parallel behandelt wurden. Diese Aufspaltung in zwei parallel angelegte Studien für regulatorische Zwecke hat sich bei HIV schon länger eingebürgert.

Da die häufigsten Probleme mit ungenügendem Therampieansprechen beim Genotyp 1 anfallen, sind die ersten Protease-Hemmer nun gegen diesen Genotyp entwickelt worden. Am weitesten entwickelt sind Boceprevir und Telaprevir. Wir haben kürzlich schon über die Resultate der Phase II Studien mit Boceprevir (Lancet 6.8.2010) berichtet und auch am virutual-CROI hatten wir  SPRINT und RESPONSE zusammengefasst. Speziell an diesen beiden Studien ist die sog. "lead-in-Phase". Dabei wird vorgängig zur Therapie mit dem Protease-Hemmer während 4 Wochen eine normale Kombinationstherapie mit Peg-Interferon (IFN) und Ribavirin durchgeführt. Damit soll verhindert werden, dass bereits in der ersten Phase der Therapie mit hoher Viruslast Resistenzen gegen Bocepravir auftreten. SPRINT Design: Auf Bild klicken für Vergrösserung

Das Studien-Desing war entsprechend komplex (s. Abbildung, vergrösserung durch Klick!). Während die Kontrollgruppe während 48 Wochen Peg-IFN und Ribavirin erhielt, wurde in den zwei weiteren Gruppen entweder 24 oder 48 Wochen zusätzlch Boceprevir gegeben. Bei den Patienten, die in der Gruppe 2 randomisiert waren (24 Wochen Boceprevir) wurde die Therapie nach total 28 Wochen abgesetzt, wenn bei Woche 8 kein Virus mehr nachweisbar war. Die Resultate sind insofern komplex, als man noch Untergruppen für schwarze und nicht schwarze Patienten bildete. Hier gibt es bekanntermassen genetische Unterschiede im Ansprechen auf die Therapie. Wenn wir nur die nicht-Schwarze Kohorte betrachten, so sind die Resultate für die kurze und die lange Bocepravir Behandlung mehr oder weniger identisch: In beiden Armen führte die Behandlung in knapp 30% mehr Patienten zur gewünschten Heilung (Standardtherapie 40% SVR).

Die Analyse der RESPONSE-Daten (vorbehandelte Patienten) ist noch deutlicher komplexer. Das Design war zwar dasselbe (Lead-in, Kurze oder lange Boceprevir-Th). Hier wurden zustäztlich noch viele Sub-analysen (insb. nach frühren Therapieresultaten) gemacht. Doch auch in dieser Gruppe kann gesagt werden. Das Therapieresultat für alle Gruppen war aber sehr viel besser als in der Kontrollgruppe mit fast gleich guter Heilungsrate (SVR) wie in den unbehandelten Patienten (s. Abbildung links).

Dies sind Behandlungen, bei den am schwierigsten zu behandelnden Patienten. Eine Ansprechrate von 60% bei vorbehandelten Patienten mit früherem Therapieversagen und dem Virus mit der schlechtesten Ansprechrate (Genotyp 1) ist beachtlich. Die Zukunft wird hier noch einige Neuigkeiten bringen: Polymerase-Hemmer werden auch für andere Genotypen eingesetzt und dürften in der Kombination mit Protease-Hemmern noch weitere Verbesserungen (höhere Heilungsraten, kürzere Therapiedauer, weniger Interferon) bringen. Wir sind gespannt auf die nächsten Erfolgsbotschaften in diesem kompetitiven, spannenden Feld!

Quellen: