Unsere Analyse der iPrex Studie zur Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) mit Truvada® fiel angesichts der hohen Erwartung eher dürftig aus. Viele Probleme, insbesondere der hohe Preis, die Gefahr der Resistenzbildung, und die mangelhafte Adherence, waren Grund genug für eine deutliche Absage an diese neue Präventionsstrategie. Und dennoch, es scheint, dass die medikamentöse Prävention sehr gut wirken dürfte!
Ein wichtiger Grund für die Ablehnung von Truvada® als Präventionsmittel ist auch der gleichzeitige Einsatz der Substanz als Therapie. Zu gross die Befürchtung, der präventive Einsatz könnte zu einem Resistenzproblem führen. Eine weitere Problematik der PrEP ist auch die Tatsache, dass wir nicht immer im Voraus wissen, wann wir in den nächsten Tagen Sex haben werden. Und das soll so bleiben.
Diesbezüglich hat eine Gruppe am CROI einen ganz neuen Ansatz präsentiert. Die Autoren (Dobard et al) haben gezeigt, dass ein Integrasehemmer (hier Raltegravir) auch bis zu 8 Stunden nach einer Infektion einer Zellkultur noch eine Infektion verhindern kann (s. Abb.). Was in vitro geht, müsste doch auch in Vivo klappen: Man nimmt das Medikament erst NACH der Exposition. Die ersten Tierversuche – allerdings „nur“ 6 Makakken – waren beeindruckend: 5 von 6 Tieren konnten durch die konsequente Anwendung einer PEP geschützt werden. Die weiblichen Tiere wurden zweimal pro Woche, insgesamt 20 Mal mit einer relevanten Dosis (10 TCID50) exponiert. Immer erst 3 Stunden nach der Exposition wurde ein vaginales Gel mit Raltegravir eingesetzt. Eine Wirkung, die allen bisherigen Ansätzen überlegen ist.
Die nebenstehende Abbildung zeigt die Grundlage dieser PEP: In der Zellkultur verhindert ein Integrase Hemmer (grün) die Infektions der Zellen selbst wenn der Integrase-Hemmer erst 8-10 Stunden nach der Infektion der Zellen zur Kultur zugegeben wurde, im Gegensatz zum RT-Inhibitor (Rot=FTC, Gelb=TDF), dessen Wirkung bereits nach 2 Stunden zu spät einsetzt.