Latent infizierte Zellen – Die Widersacher der Heilung

 

Die HIV-Infektion unterscheidet sich von praktisch allen Infektionskrankheiten dadurch, dass die Behandlung lebenslänglich durchgeführt werden muss. Grund dafür sind die latent infizierten Zellen. Diese Zellen werden während der aktiven HIV-Replikation gebildet und als Memory-Zellen in einen latenten Zustand versetzt. Unter einer Therapie, so nehmen wir heute an, wird dieser latent infizierte Pool nicht mehr grösser.

HIV Therapie stoppt jede Replikation

Interessant für diese Frage, ist eine kleine Arbeit aus Hongkong (H-919). Die Autoren gingen der (alten) Frage nach, ob sich unter einer HIV-Therapie noch eine Evolution der HIV-Viren finden lässt. Würde man während der Therapie eine weitere Veränderung der HIV-Sequenzen finden, würde dies heissen, dass die Therapie die HIV-Vermehrung nicht vollständig unterdrückt, sondern noch eine limitierte Replikation stattfindet. Dies ist eine wichtige Frage, denn eine vollständige Suppression der HIV-Replikation ist eine Voraussetzung für eine Eradikationsbehandlung. Die Autoren haben 42 Patienten während 5 Jahren beobachtet und insgesamt 234 HIV-Sequenzen untersucht. Tatsächlich fanden die Autoren praktisch keine nennenswerte Veränderung der Virussequenzen in der proviralen HIV-DNA und gewisse Resistenzmutationen konnten sogar über 10 Jahre persistieren. Die Befunde sind vereinbar mit einer guten Wirksamkeit der HIV-Therapie: Wenn wir heute noch sehr geringe, sog. „low-level“ HIV-RNA-Konzentrationen finden, so ist dies in der Regel eine Reaktivierung von latent infizierten Zellen, doch das reaktivierte Virus kann (wegen der Therapie) keine weiteren Zellen mehr anstecken.

Low-level Viremia ist ein Produkt latent infizierter Zellen

Eine Italienische Gruppe hat gezeigt, dass diese „low-level“ Viremia oder „Blips“ tatsächlich von latent infizierten Zellen herrühren dürften (Parisi et al, H-1167). Die Autoren haben 105 Patienten, welche 6 Monate nach Therapieeinleitung eine supprimierte Viruslast hatten, über  1-5 Jahre beobachtet und die Viruskonzentration jeweils mit einem hoch sensitiven (sog. single copy assay) HIV-RNA-Test gemessen. So haben sie die Patienten in Gruppen unterteilt, je nachdem, ob sie eine dauerhafte Suppression unter 2.5 Kopien/ml hatten (Gruppe UL) oder 2.5-20, 20-50 oder Blips mit 50-400. Zusätzlich haben sie auch die provirale HIV-DNA gemessen, als Mass für die Grösse des latent infizierten Zellpools. Interessant war natürlich die UL-Gruppe. Dabei zeigte sich, dass diese Gruppe mit Abstand den kleinsten HIV-DNA-Pool hatte (116 kop/106 Zellen, verglichen mit 300-400 Kopien in den anderen Gruppen). Dies stützt erneut die These, dass die low-level Viremia tatsächlich einer Aktivierung von latent infizierten Zellen entspricht. Interessant ist zudem, dass die UL-Gruppe auch den höchsten CD4-Nadir aufwies. Das heisst, diese Patienten wurden am frühestens behandelt. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass eine frühzeitige Therapie auch einen Einfluss auf die Grösse des latent infizierten Pools hat. Und letztendlich ist es dieser Pool, den wir eradizieren wollen. Je kleiner, desto besser! Ein Argument mehr für eine Frühtherapie!