Human microbiome project HPM

 

Alle Körperoberflächen (Haut und Schleimhaut) werden mit der Geburt von   Bakterien, Viren und eukaryoten Mikroorganismen besiedelt. Dieser Kolonisierungsprozess ist mit dem Alter von 2 Jahren abgeschlossen und wird durch intrinsische (v.a. die mütterliche Flora) und extrinsische Faktoren (z.B. Ernährung, Antibiotika) beeinflusst. Die Mitbewohner werden gesamthaft als „humanes Microbiom“ bezeichnet und übertreffen die eukaryotische Körperzellzahl um den Faktor 10.

 

Seit 2008 werden in einem wissenschaftlichen Gewaltak, die kutane, nasale, orale, intestinale und vaginale Microbiota genauer untersucht. Das „Human Microbiome Project (HMP)“  ist ein 157 Millionen US$ schweres Projekt, welches bisher auf 5 Jahre ausgelegt ist und 2007 vom National Institutes of Health (NIH) initiiert wurde. Nur dank moderner Techniken der Genomanalyse (z.B. Pyrosequencing) ist die detaillierte genetische Analyse der Mikroorganismen in diesem Ausmass überhaupt möglich. Mehrheitlich kommt eine 16s rRNA basierte Diagnostik zur Anwendung. 1-10% der Mikroorganismen lassen sich nach traditionellen Methoden gar nicht kultivieren. Bereits 157 Mikroorganismen sind beschrieben.

Quelle

 

Erste Resultate wurden Mitte 2010 im Science publiziert. Die kontinuierlich aktualisierten Daten stehen auf einer Webseite des HMP zur Verfügung.

 

Doch wozu das alles? Welche Hoffnungen verbergen sich hinter dem Projekt? Lohnt sich der Aufwand? Claire Fraser-Ligett, die Leiterin des Projekts berichtet in ihrer überzeugenden ICAAC Lecture über die Erwartungen und beschreibt erste Erkenntnisse.

 

 

Die Mikroorganismen erfüllen im menschlichen Organismus verschiedene Aufgaben. Sie

beteiligen sich aktiv an Stoffwechselprozessen. So werden z.B. aus der Nahrung nicht-zugängliche Nahrungsbestandteile und Energiequellen isoliert, Vitamine synthetisiert oder der Abbau von Xenobiotika (z.B. Medikamente, Karzinogene) in der Leber beeinflusst. In den letzten Jahren tritt zudem aber auch eine wesentliche immunmodulatorische Rolle zu Tage. Die Entwicklung und Aktivität des Immunsystems sowie der Schutz vor Pathogenen wird entscheidend durch unsere Mitbewohner bestimmt. Dies weckt Hoffnungen auf neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten von v.a. chronischen Erkrankungen, die immunologisch beeinflussbar sind (z.B. Allergien, Autoimmunerkrankungen).

 

Der derzeitige Entwicklungsstand des Projekts ist mehrheitlich rein beschreibender Art. D.h. es geht darum aufzuzeigen, WER überhaupt mit uns lebt. Dabei hat sich bereits gezeigt, dass die Zusammensetzung ausgesprochen interindividuell ist. Jeder der 300 freiwillig untersuchten Probanden hat eine andere „Komposition der Microbiota“.

Ein erstes Ziel ist daher die Suche nach einem sogenannten Core-Human-Microbiom, d.h. dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der Einflussnahme auf das Microbiom wichtig. Bisher kann daher auch nur eine Korrelation zwischen Vorhandensein bzw. dem Fehlen von Bakteriengruppen oder ihren Proteinen und Erkrankungen hergestellt werden. Hingegen ist ein Kausalitätszusammenhang noch keinesfalls möglich. (Quelle : Nature).

 

Korrelationen können bisher zwischen der Ernährung und der intestinalen Microbiota (Anteil Bacteriodes und Firmicutes) beschrieben werden.

 

Eine unterschiedliche Diversität zeigt sich auch z.B. in einer schwedischen Zwillingsstudie bei Patienten mit Morbus Crohn. Faecalibacterium prausnitzii ist bei Patienten mit ilealem Befall (ICD) verglichen mit Kolonbefall (CCD) und Gesunden (HC) deutlich reduziert bis fehlend (Willing B, 2009, Inflamm Bowel Dis).

 

Eine interessante Studie wurde bei Amischen durchgeführt, das heisst bei Individuen, welche eine hohe genetische Verwandtschaft und ähnliche Essgewohnheiten (Ernährung wie in ländlichen Regionen in den Zeiten vor dem 2. Weltkrieg) aufweisen. Selbst nach Kontrolle für genetische Faktoren, welche mit Adipositas assoziiert sind, zeigte sich, dass adipöse verglichen mit schlanken Amischen eine reduzierte Diversivität der fekalen Microbiota aufwiesen (110th ASM General Meeting, MS-2459). Eine interessante Korrelation, die bestimmt weitere Studien zum Nachweis eines Kausalzusammenhanges provozieren wird.

 

Eine Übersicht über die Fragestellungen des HMP findet sich auf der Webseite des Projekts Auf die Resultate der nächsten 3 Jahre dieses aufwändigen Projekts dürfen wir sehr gespannt sein.