H1N1 Pandemie: Aus IPS-Sicht: Keine harmlose Grippe

 

Anand Kumar (Symp 487) aus Manitoba hat seine Sicht als Leiter einer Intensivpflegestation (IPS) vorgestellt. Seine Position deckt sich exakt auch mit unseren Erfahrungen mit der pandemischen Grippe (Bertisch et al, SMW, 2010). Kumar hat in der ersten Pandemiewelle 60 Patienten in der IPS behandelt. Die Patienten, die er im Vortrag beschrieben hat, sind ganz klar anders als Patienten einer normalen, saisonalen Grippe. Die folgenden Charakteristika hat er aufgeführt:

·         Rascher Krankheitseintritt, lange Hospitalisation, oft hämorrhagische Vier-Quadranten-Pneumonitis

·         Hoher O2-Bedarf (>60% FiO2 während 2 Wochen!), hoher PEEP (14-16mm), häufige, residuelle Spätzustände

·         Betroffen sind nicht die Patienten mit klassischer Komorbidität für einen IPS-Aufenthalt, sondern Schwangere und Patienten mit Hypertonie, Raucher und andere relativ milde Komorbiditäten

·         Neuraminidase-Hemmer hatten eine klare Wirkung, allerdings mit einer klaren Beziehung zwischen Zeitpunkt der ersten Dosis und IPS-Pflichtige Pneumonie. Kumar hat die frühzeitige Therapie stark propagiert.

 

Kumar ist der Meinung, dass die zweite Welle in Manitoba nur deshalb so mild verlief, weil die Public-Health-Verantwortlichen eben sehr gute Arbeit geleistet haben. Die Impfung habe viele Erkrankungen verhindert und insbesondere die Umstellung auf einen raschen Einsatz von Neuraminidase-Hemmern war ein wichtiger Schritt, um das Ausmass der Schäden zu limitieren.

Das Team hat auch eine Studie zum Einsatz von Oseltamivir auf der Intensivstation gemacht. Die Resultate zeigen, dass die orale Bioverfügbarkeit sehr gut ist: der Talspiegel liegt 50-90x über der IC90 des Wildtyp-Virus. Die Absorption ist also selbst auf der Intensivstation kein Problem (Ariano et al, CMAJ 2010).