Neues von der Schnelltest-Front
Am IAS Kongress im Juli 2009 in Cape Town hat eine Französische Gruppe um Prof. Molina eine beunruhigende Studie gezeigt: Gemäss dieser Untersuchung sollen 3-4% aller HIV-positiven Tests mit den meisten HIV Schnelltests falsch negativ erkannt werden. Das wäre inakzeptabel.
Wir selbst wurden durch diese sehr überraschende Bilanz aufgerüttelt. Da wir den HIV-Schnelltest seit 10 Jahren mit Erfolg einsetzen, waren wir sehr verunsichert über das Resultat. In einer in Rekordzeit vorbereiteten und durchgeführten Studie haben wir die Sensititvität des HIV-Schnelltests bei 300 HIV-positiven Patienten mit dem von Molina angewandten Verfahren der kapillären Blutentnahme überprüft.
Auch diese Resultate unseres Late-Braker Posters (Kahlert et al, LBB020) sind schnell erzählt (und im Poster ausführlich nachzulesen): Alle 300 gestesteten Personen hatten auch im Schnelltest ein positives Resultat. Somit können wir mit dieser 100% Sensitivität (95%-CI: 99%-100%) davon ausgehen, dass die Resultate von Molina nicht auf eine schlechte Sensitivität bei chronischer HIV-Infektion zurückzuführen sind, wie dies von verschiedener Setite behauptet wurde.
Was allerdings von verschiedenen Personen im Gespräch berichtet wurde: Die Sensitivität des Antigen-Tests im neuen Determine-Combo Schnelltest ist dem konventionellen Test im Laborverfahren klar unterlegen. Es könnte auch sein, dass der Test bei unterschiedlichen HIV subtypen unterschiedlich gut angibt. Auch wir haben bereits zwei Patienten mit akuter HIV-Infektion beobachtet, die mit dem neuen Combo-HIV-Schnelltest, nicht aber mit dem konventionellen Laborverfahren negativ waren. Für die Praxis heisst dies klar:
- Bei Verdacht auf eine HIV-Primoinfektion kann der Test durchgeführt werden, im Negativen Fall muss er aber duch einen konventionellen Test überprüft werden
- Fällt der Test bei HIV-Primoinfektionssymptomatik (antigen-)positiv aus, so hilft dies für das akut-Management
- Für die Situation der chronischen HIV-Infektion ist der kapillär durchgeführte HIV-Schnelltest (antikörper) nach wie vor ein hochzuverlässiges Verfahren
Die Zeit der Schnelltests ist erst vor uns!
Doch die wirklich interessanten Entwicklungen liegen erst noch vor uns. Im Industriebereich gab es einige hoch interessante Aspekte zu neuen Schnelltest-Verfahren.
So gibt es bereits etablierte und akreditierte Produkte zur Schnelltestung von HCV-Antikörpern aus Kapillarblut, aber auch Chlamydia-Antigen aus Urethralabstrichen und sogar einen H1N1-2009-Spezifischen Antigentest mit angeblicher Sensitivität von 80% (gegenüber PCR).
Noch viel interessanter ist aber die Entwicklung von HIV-RNA Schnelltests, die bereits im nächsten Jahr marktreif sein könnten. Das Prinzip der Detektion beruht auf der Chip-Technologie wie bei den Micro-Arays, das besondere ist, dass diese Tests für Drittweltländer produziert, und wie schon die sehr gut eingeführten Tests für CD4 Bestimmung sollen auch diese neuen Verfahren vergleichsweise günstig sein und auch bei extremen Temperaturen gut funktionieren und die Lagerung der Reagenzien ohne Kühlkette auskommen. Es ist durchaus zu hoffen, dass wir mit diesen neuen Technologien auch noch einige unserer heute gängigen Diagnostik-Methoden noch wesentlich vereinfachen können.
Bleiben Sie dran – wir werden bestimmt wieder berichten.