HIV: It's the Virus- stupid! Oder auch nicht…

Immer wieder dieselbe Frage: Ist das Immunsystem oder das Virus selbst verantwortlich für den guten oder schlechten Verlauf einer HIV-Infektion. Die Frage wurde nun jüngst auch am Beispiel von sog. "Elite-Controllers" untersucht.

It’s the virus, stupid! War ein Slogan 1996 am AIDS Kongress in Vancouver. Geprägt wurde der Spruch durch David Ho, der uns mit den Resultaten zum riesigen täglichen Umsatz von HIV-Viren in der asymptomatischen Phase der HIV-Infektion überrascht hatte. Der Spruch war eine Anspielung auf den Wahlsloagan von Präsident Bill Clinton: "It’s the economy, stupid!"

Doch schon in Vancouver gab es die gegenteilige Meinung: Immunologen wie Geppi Pantaleo haben gekontert: It’s the immune system, stupid! Und der Streit dauert eigentlich bis heute an, doch wir gehen doch mehr und mehr davon aus, dass es das Immunsystem ist, welches für den Verlauf der Infektion verantwortlich ist.

HIV-Elite controllers (EC)
sind Menschen, die zwar mit dem HIV Virus infiziert sind, doch bei denen das freie Virus im But-Plasma nicht nachweisbar ist. Zwar findet man auch bei diesen EC im Blut von HIV-infizierte Zellen, aber diese scheinen sich ruhiger zu verhalten, weniger Virus täglich zu produzieren als dies bei den meisten Infizierten der Fall ist.

Neue Studie untersucht Zellen in Zellkulturen
Nun hat die Gruppe von Bruce Walker am Mass-General in Boston das Blut von 14 EC untersucht. Dabei fanden sie, dass sich im Blut von EC weniger HIV-infizierte Lymphozyten finden (HIV-DNA-Konzentration) als bei normal HIV-positiven. AUch wenn man diese Zellen im Labor in eine gewöhnlichen Zellkultur gibt, so wächst dort das Virus deutlich schlechter als das Virus von Patienten mit chronischer HIV-Infektion. Dies war allerdings schon von früher bekannt (Lamine 2007 AIDS, Blankson, 2007 JVirol).

Neu an dieser Untersuchung ist nun ein anderes Experiment: Die Autoren haben die Zellen von EC (aus denen das Virus so schlecht zu kultivieren ist) im Labor für normale Zellkulturen verwendet. Werden diese Zellen aktivert, wie dies für eine Zellkultur üblich ist, und dann mit einem anderen Virus infiziert, so lassen sich die Zellen genauso gut infizieren wie diejenigen einer Person mit chronischer Infektion.

Autologe Infektion nicht möglich
Es fragt sich nun, weshalb dann die Zellen im Körper der EC keine hohe Infektionsrate zulassen. Möglich, dass es eine spezifische Interaktion genau des entsprechenden Virus mit der Zelle des EC ist. Interessant wäre daher gewesen, wenn man die Zellen der EC nun im Labor mit exakt demselben Virus hätte infizieren können. Doch da diese Virusisolation von EC so schlecht funktioniert, konnte dieses interessante Experiment nicht durchgeführt werden. Insgesamt ist es aber doch ein Hinweis, dass das Immunsystem, und nicht die Ausgestaltung der Oberflächenmarker der CD4+ Lymphozyten für den günstigen Verlauf der Infektion verantwortlich sind.

Ein weiteres Zeichen also, dass eben nicht das Virus für den Verlauf der HIV-Infektion verantwortlich ist, sondern das körpereigene Immunsystem den Verlauf der Erkrankung steuert. Wir haben ja darüber auch schon berichtet:

Quelle: Julg et al, CID Aug. 2010; 233-8