Gleiches mit Gleichem behandeln…
Tönt wie Homöopathie, aber nur fast: Es geht um die Bekämpfung eines bakteriellen Infektes mit einem anderen Bakterium! Eine interessante Idee zur Behandlung von Brustinfektionen beim Stillen.
Während des Stillens kommt es in ca. 3-33% der Frauen zu einer Brustdrüsenentzündung. Diese wird meist durch Hautkeime wie Staphylokokken, Streptokokken oder Corynebakterien hervorgerufen. Nun haben findige Medizinerinnen aus Spanien bei stillenden Frauen mit einer Brustentzündung einen Versuch gewagt, eine Gruppe der Stillenden mit Lactobacillen, sogenannten Probiotika zu behandeln, anstelle einer Behandlung mit Antibiotika.
Insgesamt haben die Autorinnen 352 stillende Frauen mit Brustdrüsenentzündung untersucht und in 3 Gruppen eingeteilt:
- Gruppe A erhielt Lactobacillus fermentum CECT5716,
- Gruppe B erhielt Lactobacillus salivarius CECT5713 und
- Gruppe C erhielt eine antibiotische Therapie.
Lactobacillus-Therapie scheint überlegen, Wirkung ist jedoch noch unklar!
Erstaunlicherweise empfanden die Frauen unter der Lactobacillustherapie viel schneller weniger Schmerzen und nach drei Wochen fanden sich bei Frauen aus Gruppe A und B signifikant weniger Bakterien (Staphylokokken, Steptokokken und Corynebakterien) als in der Gruppe C unter antibiotischer Therapie. Zudem konnte in der Milch der Frauen der Gruppe A und B in der Milch dasjenige Lactobacillus nachgewiesen werden, welches sie als Probiotikum zu sich genommen hatten. Wie das Lactobacillus den Weg vom Gastrointestinaltrakt in die Brustdrüse gefunden hat, können auch die Autorinnen nicht erklären.
Interessante weitere Beobachtungen:
- Bei den Frauen unter antibiotischer Therapie fand sich keinerlei Lactobacillus in der MIlch
- Die Gruppe unter antibiotischer Therapie hatten nicht nur länger Schmerzen, sie klagten auch über signifikant mehr Nebenwirkungen wie z.B. Scheidenpilz
- In der Gruppe C (Antibiotika) war die Rückfallrate nach Absetzen der Behandlung höher
- Die Gruppe unter Probiotika hingegen klagten vermehrt über Blähungen. Die Frauen unter Probiotika mussten das Stillen nicht unterbrechen, hingegen bei 8.90% unter antibiotischer Therapie musste das Stillen unterbrochen werden.
Fazit:
Die Milchsäurebakterien führen im Falle einer Brustdrüsenentzündung bei stillenden Frauen schneller zur Beschwerdefreiheit, mit weniger Rückfällen und weniger Nebenwirkungen.
Das ist doch eine interessante Meldung inmitten all der Meldungen zu Antibiotikaresistenzen! Nun muss noch geklärt werden, wie die Lactobacillen in die Brustdrüsse gelangen. Falls dieser Effekt der Lactobacillen auf eine Brustdrüsenentzündung wirklich reproduzierbar ist, dann können wir hier schon mal anfangen Antibiotika zu sparen!
Quelle: Arroyo et al, CID June 2010
Dank einer aufmerksamen Kollegin, Dr. Karoline Aebi, welche mich auf gewisse Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht hat, möchte ich allgemein zur Masitis noch einige Präszisionen anbringen:
Eine Cochrane Review von 2009 von Jahanfar S et al findet anhand publizierter, randomisierter Studien keinen eindeutigen Benefit einer antibiotischen Behandlung. Hier sind also weitere Studien notwendig, denn im allgemeinen lässt sich eine Mastitis mit regelmässiger Brustentleerung sehr gut auch ohne antibiotische Therpaie behandeln.
Und in dieser aktuellen Studie von Arroyo fehlt eine Kontrollgruppe, welche nur durch allgemeine Massnahmen (regelmässige Brustentleerung) und ohne antibiotische Therapie behandelt wurden. Vielleicht hätte diese Kontrollgruppe letztendlich auch einen ähnlichen Benefit zu den Lactobacillen?