HIV-Verlauf: Entscheidet das Virus oder das Immunsystem?

Wenn es zur Übertragung von HIV kommt, so ist der Verlauf der HIV-Infektion bei der Neu-Infizierten Person bereits zu Beginn der Infektion praktisch entschieden. Doch woran liegt es: Ein gefährliches Virus oder ein "schwaches" Immunsystem?

Vielleicht beides. Was wir sicher wissen: je höher die Viruskonzentration wenige Monate nach Beginn der HIV-Infektion (sog. "baseline Wert") desto schneller der Verlauf, respektive der Abfall der CD4 Viruskonzentration.  Aber wir wissen auch aus grösseren Untersuchungen, dass unsere Genetische Aussstattung des Immunsystems den Verlauf der Infektion wesentlich beeinflusst. Vor 10 Jahren schon hatten schon Magierowska et al (Blood, 1999) festgestellt, dass praktisch 70% des Verlaufes nach einer HIV Infektion alleine durch drei Chemokin-Faktoren und sechs HLA-Typen entschieden wurden. Diese Arbeiten wiesen darauf hin, dass ein grosser Teil des Verlaufes einer HIV-Infektion durch die Gene der infizierten Person festgelegt ist.
Nun hat eine Arbeit aus San Franzisco einen etwas anderen Ansatz gewählt. Die Autoren haben 24 Transmissions-Paare untersucht. Bei frisch infizierten Personen, in denen die Infektion nicht länger als 6 Monate zurücklag, konnte der infizierende Partner durch Analyse der Virussequenzen sicher nachgewiesen werden. Analysiert wurde nun die Viruskonzentration beim Empfänger und beim "Donor". Die Autoren fanden einen signifikanten Zusammenhang (eine Assoziation) zwischen den beiden Konzentrationen. Doch wie die nebenstehende Abbildung zeigt (klicken zur Vergrösserung!), war diese Assoziation nicht sehr gross. Ein r-Wert von 0.5 sagt aus, dass etwa 25% der Variabilität der Viruskonzentration beim Empfänger durch die Viruskonzentration des infizierenden Partners erklärt werden kann.

Insgesamt heisst es doch, dass auch diese Studie zeigt, dass der grösste Teil des Verlaufes durch den genetischen Hintergrund bei der neu infizierten Person bedingt ist und nicht vom Virus abhängt. Aber sicher ist es auch so, dass das Virus selbst auch eine gewisse Rolle spielt.

Quelle: Hecht et al, AIDS April 2010