EKAF-Statement: 2 Jahre danach

2 Jahre nach Publikation der EKAF-Statements: Bilanz und Ausblick eines der Statement-"Väter"

Zum Zeitpunkt des Vortrages war es genau auf den Tag 2 Jahre her, dass "das EKAF-Statement" publiziert worden war (hier nochmals in der Originalversion).

In Schlangenbad gab Prof. Pietro Vernazza, St. Gallen, einer der "Väter" des EKAF-Statements, einen Überblick:
-was war Zweck des Statements?
– welche Befürchtungen trafen ein oder trafen nicht ein?  und
– was bleibt noch zu tun?

Im Statement sollte kommuniziert werden: "es ist okay, über Sex ohne Kondome zu sprechen". Das sollte sowohl Patienten und ihren Partnern/Partnerinnen signalisiert werden, wie auch ihren Ärzten.
Fazit dazu: Das EKAF-Statement hatte einen starken Effekt auf die AIDS-community. Es wurde rasch und breit kommuniziert. Ob auch das Reden über Sex ohne Kondome dadurch vereinfacht wurde? Mit grosser Wahrscheinlichkeit ja. Es gibt Hinweise, dass auch das Arzt-Patient-Gespräch dadurch vereinfacht wurde.

Ein weiteres Ziel war, die Diskriminierung von HIV-Patienten zu reduzieren. Einschätzung von P. Vernazza: bezüglich Diskriminierung habe es nicht wirklich eine komplette Änderung gegeben, aber es habe sich etwas bewegt. (Anmerkung der Kommentatorin: zahlreiche Patienten haben mir gesagt wie erleichternd es sei, sich nicht mehr selbst als permanente Gefahr für andere selbst wahrzunehmen. Riesenlasten fielen von vielen ab. Besonders hatten viele in ihrer Partnerschaft grosse Angst, bei einem Kondomversagen trotz aller Vorsorge den Partner anstecken zu können. Unter Erfüllung aller im Statement genannter Vorausetzungen konnte ihnen diese Angst erstmals seit Erfahren der eigenen HIV-Positivität genommen werden). 

Ein weiteres Ziel des EKAF-Statements war gewesen, die in der Schweiz  bis dahin recht häufigen Verurteilungen von HIV-Positiven (wegen Gefährdung Anderer trotz Beachtung der genannten Voraussetzungen) zu reduzieren. Dies ist gelungen.

Hatten HIV-Positive zuvor einen Kinderwunsch gehabt, hatte man beim HIV-positiven Mann über Jahre die Spermien gewaschen; zuletzt waren auch Möglichkeiten des (nur für die fruchtbare Phase reservieren) Geschlechtsverkehrs ohne Kondom, aber unter Präexpositionsprophylaxe (PREP) der Partnerin (d.h. unter Gabe von zumeist Tenofovir, evtl. kombiniert mit Emtricitabin) eingesetzt worden. War die Frau positiv, hatte sie sich z.B geholfen mit Einführen des umgedrehten Kondoms nach dem Geschlechtsverkehr.
Hat das EKAF-Statement messbar zu einer Änderung geführt?  Bisher gebe es nur einen Trend: bei der Frage nach Vaterschaft (im Rahmen der schweizerischen HIV-Kohortenbefragung) seien die Zahlen steigend. Der Einsatz von PREP ist nach Einschätzung von P. Vernazza rückläufig.

Angesichts des EKAF-Statements waren Befürchtungen geäussert worden, das Risikoverhalten nehme dadurch zu. Tatsache ist, dass bereits lange zuvor die Anzahl neuer Syphilisinfektionen (als Hinweis für Risikoverhalten) steigend war. Die endgültige Einschätzung sei aktuell noch sehr erschwert; ein Gegenargument sei aber, dass jetzt erstmalig seit Jahren in der Schweiz eine Abnahme bei HIV-Infektionen dokumentiert werden konnte (wobei möglicherweise auch andere Faktoren (z.B. das Projekt "mission possible") beteiligt sein könnten).

Dass trotz korrekter Einhaltung der Forderungen des EKAF-Statements ein Restrisiko für eine HIV-Übertragung bestehe, sei von den EKAF-Autoren nicht ausgeschlossen worden. Fälle seien möglich.

Oft werde in den Argumentationen die Befürchtung geäussert, "nicht nachweisbar" gelte ja nicht für ewig. Diesbezüglich zeige sich anhand von Daten der Schweizerischen HIV-Kohorte, dass die Wahrscheinlichkeit erneut nnwb nächster Werte um so höher sei, je häufiger bereits nnwb Viruslastwerte gemessen worden waren.