Wie lange ist jemand mit H1N1 ansteckend?

Natürlich würde es uns alle interessieren, wie lange die Phase dauert während der Patienten mit H1N1 andere anstecken können. Die Antwort auf die Frage ist jedoch nicht trivial. Es braucht dazu eine grosse Zahl von gut beobachteten Personengruppen in denen die genauen Infektionszeitpunkte einzelner Individuen definieren lassen. Virusnachweis und Infektiosität der pandemischen H1N1 Influenza
Um eine Annäherung an diese Daten zu erhalten, wird versucht, mit der Ermittlung der Dauer des Virusnachweises bei infizierten Personen eine Annäherung zu erhalten. Dieses Unterfangen hat viele Mängel, doch betrachten wir zuerst die entsprechende Late-Braker Präsentation:

Kultur und PCR zum Virusnachweis nach 8 Tagen
Die Kanadische Autorengruppe hat bei 44 Patienten mit gesicherter H1N1 8 Tage nach Symptombeginn (Fieber) einen Nasenrachenabstrich durchgeführt. Dabei haben sie neben zwei PCR-Methoden (Influenza A und spezifische H1N1 Methode) auch Viurskulturen durchgeführt. Die allgemeine Influenza-PCR war deutlich sensitiver als die spezifische Influenza A PCR. Mit den drei Methoden fand sich am Tag 8 ein Virusnachweis in 75%, 43% und 30% aller Proben. Nach 11 Tagen (nur Subgruppe analysiert) waren alle Kulturresultate negativ.

Die Schlussfolgerung der Autoren….
Die Autoren haben aus ihren Daten geschlossen, dass Patienten während mindestens 7 Tagen isoliert bleiben sollten und dass die aktuellen Empfehlungen (Isolation bis 24h fieberfrei) dahingehend abgeändert werden sollen. Ein völliger Mumpitz, würden wir meinen. So kann man nicht Epidemiolgie und schon gar nicht Public Health machen. Die Autoren vergessen zahlreiche Komponenten, welche eine Transmission beeinflussen:

  • Eine PCR detektiert nicht infektiöse Viren. Wenn schon, sollte man sich nur auf die Kulturresultate abstützen (in diesem Falle 30% Positivität nach 8 Tagen)
  • Ein kultureller Virusnachweis sagt nichts über die Viruskonzentration. Doch das Übertragungsrisiko jeder Virusinfektion ist abhängig von der Konzentration des Erregers
  • Ein Virusnachweis in hoher Konzentration bedeutet noch nicht, dass das Virus auch ausgeschieden wird! Wer nicht hustet, nicht niesst und kein Nasenlaufen hat, ist sicher weniger Infektiös (gut bekannt bei der Tuberkulose)
  • Eine Empfehlung sollte nicht zum Ziel haben, ein minimales Transmissionsrisiko zu vermeiden. Die Empfehlung muss die grössten Risiken ausschliessen. Denn eine Isolation von 7 Tagen könnte bei zunehmenden Fällen weitreichende Konsequenzen nicht nur für das wirtschaftliche Funktionieren unseres Staatswesens haben.

…und die Replik der CDC
Daher sollten es virologisch fokussierte Experten tunlichst unterlassen, sich in public health Empfehlungen einzulassen. Was nicht sagen soll, dass solche Arbeiten nicht wichtig für die Erarbeitung von Empfehlungen zur öffentlichen Gesundheit sein könnten. Interessanter wäre es gewesen, semiquantitative Kulturen alle 2 Tage während der Erkrankung zu erhalten. Dies wäre als Grundlage für eine modifizierte Empfehlung viel nützlicher gewesen.
Dass die Schlussfolgerungen der Autoren gefährlich sein könnten, hat auch ein Vertreter der CDC in der Diskussion erwähnt. Und in USA-Today wurden die Daten prompt im Sinne der Autoren kommuniziert. Die Zeitung schrieb, man sollte bei Grippe besser sieben Tage zu Hause bleiben. Schuster bleib bei deinem Leisten!

De Serres et al, Abstract K-1918a

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