Schützen Masken das Personal vor respiratorischen Infektionen
Eine Frage, die die ganze Bevölkerung beschäftigt. Tatsächlich gibt es keine guten, randomisierten Studien zur Wirksamkeit von Atemschutzmasken gegen Tröpfchen- und Aerosol-Infektionen. Als late-braker wurde – rechtzeitig für die Pandemievorsorge – eine randomisierte kontrollierte Studie aus China vorgestellt.
An dieser Studie beteiligten sich 24 Spitäler mit 1936 Mitarbeitern in Bejing. Eingeschlossen wurden nur Mitarbeiter in Notfallstationen und auf Abteilungen mit respiratorischen Krankheiten. Die Mitarbeiter trugen Atemschutzmasken während 4 Wochen und wurden insgesamt 5 Wochen überwacht. Neben respiratorischen und grippeartigen Symptomen wurden auch Abstriche auf respiratorische Viren und Influenza Viren als Endpunkte gewählt.
Randomisiert wurde zwischen chirurgischen Masken und N95 Masken und N95-Masken mit Dichtetestung. Letztere Maske verwenden wir üblicherweise bei Tuberkulose und aerogenem Übertragungsmodus, bei uns werden analog dazu sog. FFP-2 Masken eingesetzt. Bei der Dichtetestung wird der gute Sitz der Maske überprüft. Die Mitarbeiter mussten die Masken immer tragen, sie erhielten 2 N95 resp. 3 Chirurgische Masken pro Tag.
Ein grosses Problem bei dieser Arbeit ist die Wahl der Kontrollkliniken. Diese wurden NICHT randomisiert, sondern nur ausgelesen aufgrund der Bereitschaft der Mitarbeiter, auch ohne Masken zu arbeiten, was in China selten ist.
Schützen chirurgische Masken nur psychologisch?
Die grosse Überraschung in dieser Arbeit ist der Bericht über die fehlende Wirksamkeit von chirurgischen Masken. Was einige Spitalepidemiologen immer wieder vermutet haben, wird nun in dieser Arbeit bestätigt: Die FFP-2 oder N95 Maksen haben eine gute Schutzwirkung, doch die chirurgischen Masken scheinen aufgrund dieser randomisierten Untersuchung keine Wirkung zu zeigen. Dies ist nun in der Tat ein happiges Ding: Alle Empfehlungen, vom CDC über SHEA zur WHO gehen heute von einer genügenden Wirksamkeit der chirurgischen Masken für die Pandemieprävention aus. Ist das nur ein psychologischer Schutz?
Was wurde womit verglichen?
Ein Problem mit dieser Arbeit ist die Bezeichnung „Surgical Mask“. Es gibt keine Standard-Maske und keine Qualitätsanforderungen an chirurgische Masken. Hier wurde das Produkt von 3M (Katalog-Nr. 1820) verwendet (s. Abbildung). Ein Problem ist der dichte Sitz die Masken. Die hier eingesetzten Masken waren einfache Masken mit Gummizug über die Ohren, meist sind die seitlichen Partien dabei nicht gut dichtend, wenn nicht auf guten Sitz geachtet wird.
Aber noch wesentlicher ist die Frage der Kontrollgruppe: Diese wurde nicht randomisiert. Es ist also möglich, dass in diesen Spitälern deutlich mehr Infektionen auftragen als an den anderen Spitälern. Es ist auch möglich, dass die Mitarbeiter dort dennoch bei den entscheidenden Situationen Masken trugen, sodass ein Unterschied zwischen „keine Masken“ und „chirurgische Masken“ geringer wird.
Natürlich haben die Autoren versucht, dafür zu kontrollieren. Aber ist war im Referat sehr deutlich, dass die Vortragende schon vor dieser Studie einge begeiserte N95 Befürworterin war. Man spricht dann von Bias des Untersuchers. In solchen Situationen ist es immer ratsam, dass man dann auch Personen vom anderen „Lager“ in die Untersuchung einbezieht. Tatsächlich waren die Gruppen auch nicht wirklich vergleichbar. Viele „Baseline“ Charakteristika (z.B. Alter, Impfstatus, Art des Spitals usw.) waren signifikant unterschiedlich in den vier Gruppen, sodass hier mit der Interpretation von scheinbar deutlichen Zahlen vorsichtig umgegangen werden muss. Denn selbst bei genauer Betrachtung der Infektionsinzidenz in Kontrollspitälern und Chirurgische-Masken-Spitäler zeigt sich, dass alle Werte in den letzteren besser waren. Keine Signifikanz – aber vielleicht doch ein Unterschied. Und bei weiterer Betrachtung fällt auf, dass die Mitarbeiter in den Kontrollspitälern auch in 20% der Tätigkeiten eine Maske trugen. Möglich, dass sich diese Mitarbeiter in den wichtigsten Situationen geschützt haben.
Diese Arbeit wird mit Sicherheit noch grössere Folgearbeiten nach sich ziehen. Man darf gespannt sein. Vorerst muss an unseren Empfehlungen aber noch nichts geändert werden. Denn eine Umstellung auf FFP-2 Masken hätte zahlreiche Konsequenzen zur Folge. Nicht zuletzt muss auf die erschwerte Atmung hingewiesen werden, ein Zustand der vielleicht in anderen Dingen wieder hinderlich ist.
Quelle: Raina MacIntyre et al, Abstract K-1918b
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