Neue Antibiotika und Chemotherapeutika
Das Interesse war gross, als am Samstag Nachmittag in einer ausgezeichneten Session die wichtigsten Entwicklungen auf dem Feld der Antibiotikaforschung vorgestellt wurde. Man hört heute immer wieder davon, dass die Entwiclung von Antibiotika-Resistenzen der Erforschung von neuen Substanzen davonläuft.
In dieser gut besuchten Poster Summary Session konnte man den Eindruck bekommen, dass wir uns um die Entwicklung von bakteriellen Resistenzen keine Sorgen machen müssen. In spannenden Übersichtsreferaten, meist von Firmenvertretern, wurden zahlreiche Substanzen, welche noch in der vorklinischen Entwicklung stehen vorgestellt. Aber natürlich wissen wird, dass von allen Hoffnungsträgern in präklinischen Studien nur ein kleiner Teil dann wirklich einmal bis zur Marktreife gelangt. Grund genug, um vorsichtig zu bleiben und die Prävention von Antibiotika-Resistenzen weiterhin zu beachten. Wir präsentieren hier eine Auswahl der präsentierten Substanzen und eine Neue Screeningmethode.
PA-1409 ein neues Vancomyquine
Hier handelt es sich um ein ganz fantastisches neues Konzept einer Antibiotikaklasse, entwickelt von der Firma Palumed (s. Präsentation). Dabei werden Molekül-Hybride aus zwei Antibiotikaklassen generiert. Konkret verbindet Palumed (dies ist deren Patent) ein Aminoquinoline mit einem anderen Antibiotikum. So haben die Vancomyquine einn Quinolinanteil und ein Glykopeptid-Anteil. Die beiden Moleküle sind kovalent verbunden. Vorgestellt wurde ein weit fortgeschrittenes Programm mit PA-1409. Diese Substanz hat ausgezeichnete Wirksamkeit im Grampositiven Bereich selbst bei resistenten Keimen (MRSA, VRE, sowie Penizillinresistente Pneumokokken).
In der nebenstehenden Abbildung ist die Wirksamkeit der neuen Substanz für Vancomycin Resistente Enterokokken in vitro gezeigt. Die Substanz verhindert offenbar jegliches Wachstum in vitro. Aber die Substanz ist auch bakterizid. Sie verhindert wie Vancomycin die Peptidoglykansynthese, aber zusätzlich verändert sie auch die Membran-permeabilität, was ihr bakterizide Eigenschaften vermittelt.
Besonders hervorzuheben sind die günstigen Pharmakokinetischen Eigenschaften. Man rechnet mit einer Halbwertszeit (T1/2) von über einem Tag. Die Akkumulation nach 6 Tagen ist unwesentlich, insbesondere da die Therapeutische Breite im Tierverusch sehr breit ist. Toxische Reaktionen werden erst bei Plasmaspiegeln gefunden, die 50x über der Wirkdosis liegen.
Ein neues Prinzip mit grossen Aussichten.
Quelle: Abstracts T1-2032, PA-1409
Lipopeptide, der Zaubertran fon Migenix.
Robert Henkok präsentierte eine neue Substanzklasse, in der Pipline einer Kanadischen Firma die wie Miraculix tönt. Als Lipopeptid zielt das Präparat gegen grampositive Keime und da insbesondere die Problemkeime MRSA, VRE und PRSP (Penizillin-resistente Strep. Pneumoniae). Auch diese Substanz zeichnet sich durch eine lange T1/2 aus, und im Gegensatz zu Daptomycin zeigt sie im Tiermodell keine Surfactanteffekt und excellente Wirksamkeit im Pneumonie-Tiermodell. Ein breites Tox-Screening zeigt keine Toxizitätszeichen und Substanz weist Synergien mit Beta-Laktamen auf. Auch eine potente Substanz für Gram-positive Keime?
weitere Links: Summary der Firma von den ICAAC Präsentationen
Neoglykoside – Keine gute Aussicht für Enterobakteriaceae
J. Bruss der Firma Achagon präsentierte die ersten Daten zu einer neuen Substanz, ACHN-490. Bei den Neoglykosiden handelt es sich um eine neue Klasse von Aminoglykosiden. Als Aminoglykosid zielt die Substanz klar gegen Enterobakteriaceae, inkl. Klebsiellen.
In vitro ist die Substanz auch wirksam gegen zahlreiche Fluoroquinolon- und Imipenem-resistente Keime. Die Firma möchte die Substanz nun zunächst bei Harnwegsinfektionen einsetzen. bisher ist sie gegen alle bekannten E-coli-resistenten Keime wirksam. Besonders bemerkenswert ist aber auch, dass die Substanz selbst gegen MRSA, also Aminoglykosid-resistente Staphylokokken wirksam ist. Die Pharmakokinetik ist sehr änhlich wie die von Aminoglykosiden und der Post-Antibiotische Effekt und das „concentration dependent killing“ sind auch deutlich, sodass nun Studien mit einmal-täglicher Therapie geplant sind. Die ersten Phase I Studien sind schon abgeschlossen und zeigen eine gute Verträglichkeit. Phase II daten sind für anfangs 2010 in Aussicht.
Summary der Firma Achagon der ICAAC Präsentationen
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