Ist ein Spitalaufenthalt ein Risikofaktor für Influenza?

Eine immer wiederkehrende Frage: Sind unsere Patienten im Spital überhaupt gefährdet, eine Grippe zu bekommen und wie sieht es aus für das Spitalpersonal. Endlich hat eine Gruppe in Lyon verscht, diese komplexen Fragen zu klären.

Tatsächlich gibt es kaum Studien zu diesem Thema. Wir wissen von Langzeitpflegeeinrichtungen (wo dies einfacher zu untersuchen ist), dass es dort Attack-rates bis zu 60% und Letalitätsraten um 10-15% beobachtet werden. Doch für Akutspitäler fehlen uns entsprechende Daten. Die Autoren wollten nun das Risiko einer Influenza-Erkrankung im Spital in Abhängigkeit der Erkrankungsdichte bei Patienten und Personal untersuchen.

Jede Grippeinfektion im Spital (Personal und Patienten!) erfasst
Philippe Vanhems, ein früherer Mitarbeiter der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie, präsentierte diese Interessante Arbeit aus einem grösseren Spitalzentrum in Lyon (1250 Betten, 2150 Mitarbeiter dieser Bettenstationen). Insgesamt wurde während drei Influenza-Saisons die Erkrankung mit Grippe bei Patienten und Personal überwacht. Zusätzlich hatten die Autoren auch die Surveillance-Daten der Influenza-Fälle einbezogen. Diese Infektionsraten in der „Gesellschaft“ wurden als „Background“ von den Daten im Spital abgezogen.

Bei allen Personen, die Fieber > 37.8 und Husten/Halsweh hatten, wurde ein Abstrich durchgeführt. Dies während den 6 Wintermonaten ab 15. Oktober! Eine riesige Arbeit. Erkrankte eine Person, wurde die entsprechende Abteilung während 10 Tagen engmaschig untersucht. Als Spitalerworben wurde ein Fall definiert, wenn die ersten Symptome später als 24 Stunden nach Spitaleintritt auftraten.


Einer auf 300 erkrankt im Spital an Grippe
Insgesamt sind 64 Patienten erkrankt bei 21’500 Hospitalisationen. Die Attack rate (pro 1000 Patienten) stieg von 1.5 bei unter 30 Jährigen auf 11 (über 65-jährige) und war höher bei Patienten mit mehreren Grunderkrankungen. Diese Inzidenz war doppelt so hoch (RR 1.95; 95%-CI: 1.5-2.5, p<0.001) verglichen mit der Inizdenz zu Hause.

Je mehr Kranke, desto grösser das Risiko
Interessanterweise konnte eine sehr schöne Korrelation zwischen Erkrankungshäufigkeit im Spital und Erkrankungen bei Patienten gezeigt werden. War niemand erkrankt, war die attack-rate nur gerade 1.3 (/1000). Diese stieg aber auf 7.1 wenn jemand vom Personal in der Einheit erkrankt war auf 24 wenn ein Patient erkrankt war und auf satte 48 (!) wenn mindestens ein Patient und ein Mitarbeiter erkrankt waren.

Diese Arbeit hat meines Wissens zum ersten mal so deutlich gezeigt, dass die Infektion des Personals ein eindeutiger Risikofaktor für die Patienten darstellt.

Quelle: Vanhems et al, 49th ICAAC 2009, Abstract 1917

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