Händedesinfektion – Immer noch im Zentrum der Qualität
Wir berichten hier über drei Präsentationen im Rahmen des Symposiums
062 „Hand Hygiene in Action“. Eine kleine Arbeit zur Kontamination von
Stethoskopen haben wir speziell zusammengefasst.
Nützen Schulungen in Händehygiene etwas?
Natürlich – würde jeder Spitalhygieniker sagen. Und in der Tat, die Arbeiten vom Universitätsspital Genf haben schon vor Jahren gezeigt, dass die Schulung nicht nur die Compliance mit der Händenygiene verbessert, sondern dass dies auch zur Reduktion von nosokomialen Infektionen führt. Eine Spanische Arbeit, von E. Calbo präsentiert, hat das Genfer Schema aufgegriffen und im Universitätsspital in Terrassa evaluiert.
Dabei wurde Compliance mit Händehygiene vor der Schulung und nach der Schulung miteinander verglichen. Die Resultate waren eindeutig: Signifikant angestiegen war der Verbrauch von Desinfektionsmitteln, der Einsatz von Alkohol vs. Seife und ganz klar die Compliance mit den Empfehlungen. Bei den Nosokomialen Infekten zeigte sich bei praktisch allen Problemkeimen ein Abfall, signifikant war der Unterschied nur in der kombinierten Analyse von Harnwegsinfekten und Spital-erworbenen MRSA-Infektionen (Abstr. K-520). Eindrücklich in dieser Arbeit wie auch bei vielen Beobachtungen anderswo: Die Pflege hatte vor der Schulung die beste Compliance mit Händehygiene und hat dies aber noch gesteigert, und die Verbesserung war am besten bei den Ärzten (+47%, s. nebenstehende Abbildung) doch immer noch nicht so gut wie die Pflege.
Korreliert Desinfektionsmittelverbrauch mit Händehygiene-Compliance?
Veronique Masse präsentierte eine Arbeit aus Frankreich, in welcher eine einfachere Methode zur Qualitätskontrolle der Durchführung von Händehygiene evaluiert wurde. Bei der klassischen Evaluation, welche wir auch in der Schweiz durchführen, werden Mitarbeiter mit Patientenkontakt stichprobenartig durch Kontrollpersonen überwacht. Dabei wird darauf geachtet, dass in den richtigen Momenten (vor und nach Patientenkontakt) die Hände ausreichend desinfiziert werden.
Die Französische Studie hat nun über drei Jahre beobachtet, ob der Konsum von Händedesinfektionsmitteln mit der klassischen Messung übereinstimmt. Und die überraschende Schlussfolgerung ist: Nein! Es ist schwierig zu verstehen, weshalb dies nicht der Fall ist und wohin all der Alkohol verschwindet, der auf die Abteilungen geliefert wurde….
Hugo Sax aus Genf hat in der Diskussion eine mögliche Erklärung geliefert. In der Schweizer Evaluation der Händedesinfektion fand Sax, dass 10-20% aller Desinfektionen nicht in einer vorgeschriebenen Situation durchgeführt wurden. Dies sind oft rituelle Handlungen, beim Verlassen eines Raumes ohne vorgängigen Patientenkontakt, zum Beispiel. So stellt sich die zweite Frage, ob die Menge an verteiltem (und irgendwie gebrauchtem Desinfektionsmittel) die Infektionsrate beeinflussen konnte. Die Autoren der Französischen Studie haben dazu zwei outcomes verfolgt: MRSA und ESBL. Beide Resistenzkeime sind jedoch im Verlaufe der Untersuchung nicht merklich beeinflusst worden, ESBL nahm in der Beobachtungsperiode stark zu und MRSA blieb auf mittelhohem Niveau (ca. 20-30%) über die 3 Jahre stabil. Innerhalb des Spitals fand sich auf den Abteilungen keine Korrelation zwischen Verbrauch und Zunahme der resistenten Keime.
Insgesamt eine eher entäuschende Beobachtung. Es genügt somit nicht, einfach Desinfektionsmittel zu bestellen, man muss es auch richtig anwenden. (K-519)
Händedesinfektion funktioniert auch in Entwicklungsländern
Eine imposante late braker Präsentation kam aus Genf: Die Autoren haben den Einsatz von Händehygiene gemäss dem WHO Programm in einer Klinik in Mali evaluiert. Es wurde eine intensive Schulung mit Plenarvorträgen und Schulung in Kleingruppen durchgeführt. Dabei erhielten die Mitarbeiter eine kleine Flasche mit alkoholischem Händedesinfektionsmittel. Verglichen mit der früheren Empfehlung, sich die Hände häufig mit Seife zu waschen, war dies eine grosse Erleichterung. Es zeigte sich, dass die Mitarbeiter vor der Schulung ihren eigenen Umgang mit Händehygiene überbewertet hatten. Denn nach der Schulung und Einführung der Methode, haben sie ihr Wissen ganz anders beurteilt.
Die Schulung und die Abgabe von
Händedesinfektionsmittel führte zur einer deutlichen Erhöhung der Compliance mit der WHO Empfehlung für Entwicklungsländer. Interessant in dieser Arbeit – offenbar auch in anderen afrikanischen Ländern gezeigt – ist die höhere Compliance mit Händehygiene bei Ärzten verglichen mit Pflegenden. Vor der Schulung hatten die Ärzte mit Abstand die höchste Hygiene-Compliance (20%). Dies wird darauf zurückgeführt, dass Ärzte in Afrika eine höhere Vorbildfunktion einnehmen als bei uns. Die Schulung hatte bei allen Berufsgruppen (s. Abbildung) einen deutlichen Effekt auf die Compliance. Am allerhöchsten war der Effekt bei Hebammen. Diese Arbeit wird als eine wichtige Evaluation von Hygienemassnahmen in Entwicklungsländern in die Geschichte eingehen (Abstract K-520a, Benedetta Allegranza et al.)
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