Backup-Integrase-Hemmer: Ein neues Prinzip in der Medikamentenentwicklung
Die Firma GSK hat die Resultate der ersten klinischen Prüfung eines Integrasehemmers vorgestellt. Ein interessantes Konzept: Am IAS 09 wurde der neue Integrase-Hemmer der Firma GSK mit dem einfachen Namen S/GSK1349572 vorgestellt. Und schon kommt ein weiterer Intergrase-Hemmer aus demselben Haus, 1265744. GSK hat offenbar nach der ungenügenden Akzeptanz von Fosamprenavir auf dem Markt und dem Absturz des CCR5-Hemmers in Phase 3 Angst, den Anschluss auf dem HIV-Gebiet zu verlieren. Sicher ein kluger Zug, für den unglücklichen Fall, dass die erste Substanz die Phase III Hürde nicht nehmen sollte.
Interessant ist dies aber insofern, als dass es es aus der Ferne betrachtet eher so aussieht, dass diese Backup-Substanz ihren Vorgänger noch überflügeln könnte. Wir sind gespannt, wie es weiter geht.
Weshalb so begeistert?
Der neue Integrase Hemmer (IH), nennen wir ihn „744“, hat in dieser Phase I/II Studie eine Wirkung gezeigt, die ich in diesem Ausmass noch nie gesehen habe: Nach 10 Tagen Monotherapie (einmal täglich 30mg) kam es bei den 8 Patienten zum RNA Abfall um sagenhafte 2.6 log. (Einschluss: >5000 RNA, > 200 CD4). Was aber am meisten auffällt, nebst der guten Verträglichkeit, ist die lange Halbwertszeit von 30 Stunden. In dieser Monotherapie wurde keine Resistenzentwicklung beobachtet und die ersten pharmakokinetischen Studien zeigen keine Kumulation der Substanz, trotz langer HWZ.
Was besonders auffällt, ist die lange anhaltende Wirkung der HIV-Suppression (s. Abb.). In dieser Studie wurden die 8 Patienten unter 744 (und die drei unter Placebo) anschliessend auf eine Kombinationstherapie gesetzt. Aber zuerst hatten sie noch eine Therapiepause. Und in diesen drei Tagen Pause zeigte sich eher noch eine weitere Abnahme der Viruslast als das Gegenteil.
Lange Wirkdauer – Gerinere Ansprüche an die Adherence
Offenbar ist die minimale Plasmakonzentration weit über der notwendigen Schwelle, um das Virus vollständig zu supprimieren. Dies sagt der Substanz einen sehr hohen Grad an „Forgiveness“ voraus. Eine Eigenschaft, die die Therapie in Zukunft einfacher und zuverlässiger machen dürfte. Wir dürfen gespannt sein, ob 744 oder 572 das Rennen macht.
Und die Nebenwirkungen?
Natürlich beurteilt man eine Substanz bezüglich Nebenwirkungspotential nicht an 8 Patienten. Doch es ist doch eindrücklich, dass diese Patienten unter der Monotherapie wirklich keine Nebenwirkungen zeigten. Eine Voraussetzung, um überhaupt in das Team der HIV-Therapeutika einzusteigen. Die Langzeiterfahrungen müssen wir zuerst noch machen.
Shreen Min et al, 49th ICAAC 2009, Abstract 1228
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