Pandemie: H1N1 Influenza ist behandelbar

Gestern hat die WHO für die H1N1-Influenza die Pandemiephase ausgerufen. Unsere heutigen Möglichkeiten können – richtig angewandt – die schweren Folgen einer Pandemie verhindern.

Beim Wort Pandemie wird immer auch die historische Erfahrung der "Spanischen Grippe" 1918 in Erinnerung gerufen. Doch in den letzen 100 Jahren hat sich viel verändert und wir haben zahlreiche Methoden, die wir nun zur Verhinderung der fatalen Folgen einsetzen können. Doch wir müssen unsere Mittel klug und und mit höchstmöglicher Effizienz einsetzen, um davon überhaupt profitieren zu können.

Welche Möglichkeiten haben wir heute im Gegensatz zu früheren Pandemien?

Epidemiologische Daten – wissen was wo läuft
Im Gegensatz zu früheren Pandemien (z.B. 1957, 1918) haben wir heute ein weltumspannendes Surveillance System (WHO), mit welchem wir Infektionen rasch entdecken können. Die Methoden der Internetkommunikation erlauben es zudem heute, die Surveillance Daten praktisch verzögerungsfrei der ganzen Welt verfügbar zu machen. Wissen, was wo läuft ist somit die erste intelligente Grundlage für unser weiteres Handeln. Doch unser Handeln muss sich auch auf diese Möglichkeiten abstützen. Weiterführende Massnahmen sollten davon abgeleitet sein.

Schutz vor Übertragung
Entscheidend ist, dass mit Influenza infizierte Personen in den 24 Stunden vor und in den ersten Tagen nach Symptombeginn am meisten weitere Personen anstecken. Das Risiko einer Übertragung geht somit vor allem von gesunden Kontaktpersonen aus.

Wir haben heute äusserst wirksame Schutzmassnahmen. Atemschutzmasken schützen sehr gut (s. Bericht), Händehygiene ist einfach und wirksam und bei grösseren Ausbrüchen werden weitere Massnahmen des "social distancing" (Schliessen von Schulen, öffentlichen Veranstaltungen) die höchsten Übertragungsrisiken reduzieren.

Ausführliche Hinweise zu den Schutzmassnahmen finden sie im ausführlichen Bericht.

Therapie mit Neuraminidasehemmern
Die Behandlung mit Neuraminidasehemmern (Tamiflu, Relenza) ist erst seit wenigen Jahren möglich. Wichtig ist aber, dass wir erkennen, dass diese Medikamente ihre maximale Wirksamkeit nur dann entfalten können, wenn sie sehr früh während der Behandlung eingenommen werden. Von der saisonalen Grippe wissen wir, dass eine Behandlung in der ersten 12 Stunden nach Auftreten der Symptome die Erkrankungsdauer um 3 Tage verkürzen kann. Eine Behandlung nach 24 Stunden führt zwar auch noch zu einer Abkürzung der Symptome und Reduktion von Komplikationen, doch der Effekt ist minimal. Ein Therapiebeginn 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome, darf als praktisch wirkungslos angesehen werden.

Darin liegt nun genau die Schwierigkeit. Wir sprechen von einer "milden Pandemie", wissen aber dass auf ca. 200 erkrankte, eine Person stirbt. Doch wenn wir bei jemandem einen schweren Verlauf beobachten, dann ist der Zeitpunkt für eine wirksame Therapie bereits verpasst. Mit anderen Worten: Um klug zu handeln, müssen wir bei den ersten Zeichen einer Infektion bereits mit der Behandlung einsetzen. Wir nehmen dann zwar in Kauf, dass vielleicht 199 Personen unnötigerweise behandelt wurden, doch der Kostenaufwand von CHF 5’000.- (200 Behandlungen à 25.-) für einen verhinderten Todesfall lohnt sich zweifellos.

Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist klar: Wir müssen jetzt Bevölkerung und Ärzteschaft darüber informieren, dass jede Person mit Zeichen einer Grippe notfallmässig einen Arzt/ eine Ärztin aufsuchen soll und möglichst rasch, aber sicher innert 12 Stunden nach Symptombeginn behandelt wird. Die rasche Behandlung ist insbesondere bei Schwangeren wichtig (s. Bericht).

Falls wir dieses Ziel erreichen, haben wir ausgezeichnete Chancen, die aktuelle Pandemiewelle mit geringen Gesundheitskonsequenzen hinter uns zu bringen, noch bevor eine Imfpung für die gesamte Bevölkerung möglich sein wird.

Wie uns schon die Römer lehrten: Quisque agis, prudenter agas: Was immer du tust, tu es weise!