Woher kommt das mexikanische Grippevirus A(H1N1)?

Die Antwort „aus Mexiko“ mag vielleicht geographisch stimmen, ist aber virologisch nicht korrekt. Eine erste Analyse des Erbgutes gibt nun Auskunft und bestätigt, was wir bereits wussten – Schweine spielen eine Rolle.

Viren bestehen aus einer Hülle und Erbgut. Ohne die Hilfe einer Zelle und all der Eiweisse, welche für das Zusammenbauen der Hülle und das Abschreiben des Erbgutes verantwortlich sind, können sie sich nicht vermehren (Replikation).

Das Erbgut von Grippeviren umfasst in der Regel 8 Segmente. Jedes Segment codiert die Information für Eiweisse, welche die Grippenvirenhülle bilden, oder für Faktoren, welche das Abschreiben des Erbgutes regulieren. Ein Hülleneiweis – das Haemaglutinin (H) – und ein Eiweiss, welches für die Freisetzung der neuen Virenpartikel aus der Zelle verantwortlich ist – die Neuraminidase (N) – werden zur Einteilung der Grippeviren verwendet. All die anderen Segmente werden für die Einteilung nicht verwendet. Dies erklärt, warum das Mexikanische Grippevirus zwar wie das Spanische Grippevirus ein H1N1-Virus ist, aber dennoch ein unterschiedliches Erbgut hat.

Eine erste Analyse des Erbgutes hat nun Hinweise auf den Ursprung des Mexikanischen Grippevirus erbracht. Forscher haben dafür das Erbgut des neuen Mexikanischen Grippevirus A/H1N1 mit dem Erbgut bereits bekannter menschlicher und tierischer Viren verglichen. Die nächsten Verwandten des neuen A/H1N1-Virus finden sich demnach bei Schweinen. 6 der Segmente sind eng mit Grippeviren verwandt, welche seit 1992 in Nord-Amerikanischen Schweinen nachgewiesen wurden. Darunter ist das H Segment, welches nun selbst wiederum ein Mosaik (Reassortment) von Erbgutstücken ist, welche in Menschen, Schweinen und Vögeln gefunden werden können. Das N-Segment wiederum ist am nähchsten mit Schweinegrippeviren verwandt, welche in Europa/Asien isoliert wurden.

Diese komplizierte Herkunftsstruktur lässt darauf schliessen, dass das Mexikanische Grippevirus nicht durch eine einzige Veränderung des Erbgutes entstanden ist, sondern die Folge mehrerer kleinerer Veränderungen ist. Diese sind möglicherweise durch mehrere Antigenic Shifts (siehe unseren Artikel zur näheren Begriffserklärung) erklärbar, bis schlussendlich ein Virus entstand, das die Barriere zwischen Tier und Mensch überspringen konnte.

Dies sind noch Spekulationen, und detailliertere Analysen werden uns in Zukunft mehr über das Mexikanische Grippevirus verraten. Diese Information ist auch zur Pandemievorbereitung wichtig, kann sie uns doch zusammen mit der Verbreitungsgeschwindigkeit Hinweise auf das Ansteckungspotential des A/H1N1-Virus geben.

Quelle: Eurosurveillance, Vol. 14, Issue 17, 30.04.2009