Verhindert Grüntee eine HIV-Übertragung?

Natuerlich nicht. Und doch soll eine Substanz aus dem Grüntee Faktoren hemmen, welche die sexuelle Uebertragung von HIV beschleunigen.

Die Arbeiten von Ilona und Joachim Hauber aus Hamburg sind absolut spannend.  Die Gruppe hat Ende 2007 eine aufsehenerregende Publikation gamacht (s. unseren Bericht). Damals hatten die Hamburger auf der Suche nach einem anti-HIV Faktor im Sperma einen Faktor identifiziert, der das Gegenteil verursacht. Er erhöht die Infektiosität von HIV Viren im Sperma. Die Autoren haben diesen Faktor SEVI genannt (Semen-derived Enhancer of Viral Infection). Das Peptid aus der Prostata bildet im Sperma Fibrillen, welche die Infektion von Zielzellen begünstigen.

Simple Strategie zur Testung von Substanzen

Auf der systematischen Suche nach Faktoren, welche den SEVI blockieren, sind die Autoren nun schon mehrmals fündig geworden. Faszinierend ist die Geschichte, weil solche Faktoren sehr gezielt die virale Infektion hemmen könnten, ohne (so hoffen wir) einen Einfluss auf die Fertilität zu haben. Damit würden sich solche Faktoren zur Anwendung als vaginale Mikrobizide eignen.
Zur Prüfung von solchen Faktoren haben die Autoren das SEVI-Peptid synthetisch hergestellt (PAP248 –286). Damit können sie nun in virtro mit einem einfachen Test die Fibrillen-Bildung respektive die Hemmung derselben beobachten.


Ein solcher Faktor aus Grüntee extrahiert
Nun berichten die Autoren im PNAS über die Wirkung einer wichtigen Substanz im Grüntee in diesem Testverfahren. Bei der Substanz handelt es sich um das Polyphenol Epigallocatechin-3-gallate (EGCG). Es ist das dominante Catechin im Grüntee, für welches auch verschiedene anti-Tumor, antioxidans und andere Effekte nachgewiesen werden. Interessanterweise hemmt die Substanz auch andere Prozesse, in welchen Fibrillenbildungen beobachtet werden (z.B. Fibrillen in der Alzheimer-Demenz).

EGCG inhibiert SEVI-induzierte Fibrillenbildung
Die Autoren haben nun schön gezeigt, dass durch SEVI stimulierte Fibrillenbildung mit EGCG blockiert werden kann. Dabei ist die Wirkung dosisabhängig. Bei kleinen Dosen EGCG beobachtet man eine Zerstörung der Fibrillen über die Zeit, also eine gewisse Aktivität, die sich zuerst aufbauen muss.

…und  HIV Infektion
wichtiger ist natürlich die Wirkung auf die HIV-Infektion selbst. Auch hier haben die Autoren gezeigt, dass das unter SEVI beobachtete Enhancement der HIV-Infektion (nebenstehende Abbildung) durch EGCG blockiert wird. Untersucht wird die Infektion von Kulturzellen. In der oberen Abbildung ein Experiment mit einem R5-Virus, unten dasselbe mit einem Resistenten Virus. Die erste Säule (oben und unten) zeigt jeweils die Werte ohne Virus infektion, die zweite mit Virus und erst in der 3. Säule nach Zugabe von SEVI. In dieser Versuchsanordnung ist SEVI also essntiell. Ohne die Fibrillenbildung genügt die Viruskonzentration nicht für eine Infektion. Dann die drei letzten Säulen mit absteigender Dosis von EGCG. Es zeigt sich, dass das Polyphenol im mikromolarer Dosis bereits sehr wirksam die Wirkung von SEVI neutralisieren kann.


Und wie weiter?
Die Autoren postulieren, dass die Substanz für die Zugabe in Mikrobiziden weiter untersucht werden sollte. Sicher ein interessanter Ansatz, darf man doch wohl erwarten, dass von einer so häufig peroral eingenommenen Substanz nicht allzuviele Nebenwirkungen auf der Mukosa zu erwarten sind.  

Quelle: Hauber et al, PNAS, 2009