Swine-origin-H1N1: Endlich verlässliche Klinische Daten
Das NEJM publizierte am 7.5.09 die virologische Analyse der ersten Fälle des sogenannten swine-origin H1N1-Influenzavirus beim Menschen. In einer zweiten gleichentags publizierten Arbeit wurden die klinischen und virologischen Daten von knapp 400 Patienten beschrieben.
Diese Fälle sind nicht neu. Seit einigen Jahren schon wurden sporadisch solche Influenza-Fälle beim Menschen beobachtet, welche durch das neue Mexikanische Influenza (H1N1) Virus ausgelöst wurden.
In der Zeit zwischen Dezember 2005 und Februar 2009 wurden in den USA insgesamt 11 Patienten (mittleres Alter 10 Jahre) beobachtet, welche mit dem neuen H1N1 Virus infiziert waren. Vier der 11 Patienten hatten eine vorbestehende Krankheit. Das spezielle an diesem Virus war, dass es aus einem Gemisch aus Virusstrukturen von humanen, aviären (Vogel) und porcinen (Schwein) Influenzaviren bestand (sog. Triple-Reassortment). Neun der 11 Patienten hatten einen Kontakt mit Schweinen (5 direkter Kontakt). Ob man sich das so wie auf der nebenstehenden Abbildung vorstellen muss, entzieht sich unserer Kenntnis. In einem Fall war die Mensch-zu-Mensch Übertragung gesichert.
Klinik
Unter den 10 Patienten mit bekannter klinischer Symptomatik hatten alle Husten, 9 Fieber, 6 Kopfschmerzen und 3 Durchfall. Das Labor-Bild (n=4) zeichnete sich aus durch Leuko- Thrombo- und Lymphopenie. Vier Patienten wurden hospitalisiert, zwei intubiert, vier erhielten Oseltamivir und alle erholten sich von der Erkrankung. Diese Angaben (s. Tabelle) decken sich mit der ebenfalls kleinen Fallserie welche vergangene Woche im MMWR publiziert wurde .
Wichtig scheint auch die Angabe, wonach drei der Patienten gegen die saisonale H1N1-Grippe geimpft waren.
Virologie
Interessanterweise hatten alle ausser einem Patietenten die gleiche Rekombination. Das Hämagglutinin-Gen war in 10 von 11 Fällen porcinen Ursprungs, ebenso das NP, NA, M und NS Gen. PB1 war humanen Ursprungs und PB2 und PA von einem aviären Grippevirus. Der Patient Nr. 7 hatte ein HA- und NA-Gen humanen Ursprungs, die anderen Gene waren gleich wie bei den übrigen 10.
Möglich, dass wir das Potential dieser Rekombinanten Formen und auch die Übertragung von Schweinen auf den Menschen bisher unterschätzt haben. Offensichtlich hatte man diese Viren jedoch schon länger beobachtet.
Quelle: Shinde et al, NEJM, 7.5.2009 online first
Am 7.5.09 hat das NEJM eine weitere, viel grössere Untersuchung der ersten 642 US-Fälle der H1N1-Epidemie publiziert. Die Angaben decken sich weitgehend mit den beiden bekannten Arbeiten, enthalten aber auch Angaben zur Empfindlichkeit des Virus für Oseltamivir und Zanamivir. Auch zeigt diese Analyse, dass zwei Gene der in Kalifornien entdeckten Viren (NA und M) zwar auch porcinen Ursprungs sind, jedoch aus einem anderen Virusstamm der in Europa/Asien verbreitet ist. Es scheint, dass hier bereits eine Menge von Rekombinationen vorausgegangen sind. Zum ersten Mal wird auch das Klinische Bild an einer grösseren Gruppe von fast 400 Patienten beschrieben, was doch schon viel verlässlicher ist. Und hier gilt es zu beachten, dass 6% der Patienten mit virologisch bestätigter Infektion kein Fieber hatten!
Auch bemerkenswert die Feststellung, dass 40% der Patienten im Alter zwischen 10 und 18 Jahren waren und nur 5% älter als 50%. Insgesamt mussten 9% hospitalisiert werden. Und noch fast überraschender die Feststellung, dass nur 18% der Patienten eine Reiseanamnese in Mexiko hatten. Es scheint, dass uns die bisherige Berichterstattung einiges vorenthalten hat….
Diese Zahlen sind nun wirklich hilfreich. Wir können uns nun für unsere klinische Beurteilung und die Abschätzung der Bedeutung einer möglichen Epidemie von H1N1 auf eine grössere Beobachtung abstützen.
Quelle: H1N1_Investig-Team NEJM 7.5.09
Auch das MMWR vom 6.5.09 bestätigt diese Resultate mit der neusten Auswertung von 642 bestätigten Fällen. Allerdings wurden von diesen "nur" 5% hospitalisiert. Der Vergleich der Hospitalisationsrate in Mexico (6%) zeigt dass kaum Unterschiede im Schweregrad der Erkrankung zwischen den beiden Ländern existieren.
Vergleiche auch: H1N1: USA überflügelt Mexico (8.5.09)