Mexikogrippe: Epidemie abbremsen, Komplikationen verhindern

Die Influenza A (H1N1) dürfte wohl kaum mehr wirklich aufzuhalten sein. Doch wir haben es in der Hand, die sich ausbreitende Infektion wirksam in Schranken zu halten.

Über die Gefährlichkeit der aktuellen Mexiko-Grippe (H1N1) wurde diese Tage viel geschrieben und spekuliert. Effektiv ist der Verlauf noch ungewiss aber eines wissen wir mit Sicherheit: Richtig eingesetzt, können wir mit unseren Abwehrstrategien erreichen, dass die Pandemie keine grösseren Schäden hinterlässt.

Mitigation ist das Schlüsselwort
Die WHO unterscheidet grundsätzlich zwei Strategien um die Ausbreitung einer Influenza Pandemie zu verhindern: Containement und Mitigation. Mit Containement versteht man die Verhinderung einer weitere Ausbreitung gleich in der Region, wo die ersten Fälle aufgetreten sind (s. Bericht). Die WHO hat festgestellt, dass in der aktuellen Epidemie die Chance für ein Containment verstrichen ist. Die Epidemie in Mexico wurde zu spät als neue Infektion realisiert. Daher ist gemäss WHO ein Containment nicht mehr möglich.
Als zweite Massnahme schlägt die WHO nun die „Mitigation“ Strategie vor: Wenn die Ausbreitung nicht verhindert werden kann, so wenigstens das Tempo der Ausbreitung. Dazu wird ds sog. „Social Distancing“ eingesetzt. Darunter versteht man das Schliessen der Schulen aber auch anderer Orte, wo viele Menschen zusammenkommen, ohne dass dies zwingend notwendig wäre, wie z.B. Konzerte, Theater, etc.

Das Schliessen von Schulen gilt als eine der wirksamsten Massnahmen (s. auch: Pandemie: „Social Distancing“ wichtiger als Tamiflu). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Kinder sehr viel mehr Virus ausscheiden und häufiger übertragen. In Schulen und Kindergärten geht man von einer doppelten Attack rate aus (Anteil der Kontaktpersonen, die krank werden). Auch während der Spanischen Grippe haben einige Gruppen durch konsequente „social sequestration“ (Kontakt unter Gruppen reduzieren) die Komplikationen und rasche Ausbreitung verhindert (Markel, EID 2006).

Ferguson et al. haben vor Jahren mathematische Modelle aufgestellt, welche den Effekt von diesen Social-Distancing Massnahmen auf die Ausbreitung der Epidemie untersucht haben. Tatsächlich gehört das Schliessen von Schulen zu den besten Präventionsmassnahmen. Besonders möchten wir unseren Lesern die Video-Simulation einer Influenza-Epidemie empfeheln. Die Videos (z.B. Ausbreitung von Influenza aus England) finden sich unter der „supplemental information“ zu diesem Artikel. In diesen Videos sieht man empfindliche Personen als graue Punkte, erkrankte als rote und immune Personen als grüne Punke. Eine Sekunde im Video entspricht drei Tagen.

Auch Therapie hat einen Effekt
Selbstverständlich hat auch die Therapie einen Effekt auf die Ausbreitung und auch auf die Komplikationsrate. Wenn es uns gelingt, Dabei geht es nicht einfach um den Einsatz von Medikamenten. Es gibt sehr gute Gründe anzunehmen, dass wir mit konsequent eingesetztem Tamilfu (oseltamivir) nicht nur die Komplikationsrate senken, sonder auch die Dauer der Erkrankung und die weitere Anteckungsphase deutlich verkürzen. Eine Arbeit aus 2003 (Aoki et al.) hat dokumentiert, dass der Einsatz von Tamiflu innert den ersten 12 Stunden der Infektion die Dauer der Erkrankung um 3 Tage verkürzt hat (gegenüber 1 Tag bei Einsatz 24h nach Symptombeginn). Angesichts der relativen Milde der aktuellen H1N1 Influenza wäre es vernünftig anzunehmen, dass mit dem optimalen Einsatz von Tamiflu tatsächlich auch eine Verzögerung der weiteren Ausbreitung und erreicht werden kann. Wir sollten uns somit so einrichten, dass eine Therapie unbedingt in den ersten 12 h nach Sy-Beginn eingenommen wird.

Quelle: Ferguson et al, Nature, 2006: 442:448-52