Wo versteckt sich HIV?
HIV hat die Eigenschaft, sich in der Wirtszelle einzunisten. In diesem Zustand kann das Virus auch in ein latentes Stadium gelangen. Ein interessantes Thema am CROI 2009
Seit einigen Jahren wissen wir, dass der „pool“ von latent infizierten Zellen auch unter gut wirksamer Therapie nur sehr langsam abnimmt. In der Tat müssen wir davon ausgehen, dass ein solcher Pool noch 60 Jahre persisitieren kann, selbst wenn kein neues Virus mehr gebildet wird.
Neuere Arbeiten aus der CHAVI-Kooperation weisen darauf hin, dass die grösse dieses Pools eine Funktion der Viruskontzentraion und der Dauer der Infektion (bis zur Therapie) ist. Verschiedene Autoren haben schon versucht, den Pool der latent infizierten Zellen zu reduzieren (vgl. dazu auch unseren Bericht „Heilung in Sicht?“). Doch diese Versuche sind bisher gescheitert. Auch am CROI wurden nun neue Arbeiten in diese Richtung vorgestellt.
Könnte das Reservoir schneller vermindert werden, wenn man die Therapie intensiviert. Nein, melden Autoren aus Chapel Hill (Gandhi et al, #424) und Pittsburgh (Jones et al, #423b). Die erste Gruppe hat gezeigt, dass eine Intensivierung mit Enfurviritide (T-20) nicht zur rascheren Zerstörung des Reservoirs der latent infizierten Zellen führt.
Die zweite Gruppe um John Mellors hat gezeigt, dass eine Therapie-Intensivierung mit Raltegravir nicht zur Abnahme des niedrigen Virusnachweises (meist unter 50 kop/ml) im Blut führt. Die Autoren haben mit hochsensitiven „single-Copy RNA-PCR“ gezeigt, dass sich mit der intensivierten Therapie keine optimierung mehr herausholen lässt.
Diese Daten unterstützen die Hypothese von Robert Siliciano die er hier an der Opening vertreten hat (Abstract 16) und auch schon in Mexico im Aug 08 vorgestellt hat: Unter einer konventionellen HIV-Therapie (Dreierkombination) kommt es zum vollständigen Stopp der Replikation. Es entstehen keine neuen Viren mehr aus aktiver Replikation. Was wir gelegentlich noch detektieren können sind Viruskopien, welche von aktivierten, latent infizierten Zellen gebildet werden. Doch unter der Therapie können diese Viren keine Infektion mehr auslösen. Tatsächlich findet man auch keine Evolution der virus-Quasispecies. Das Virus bleibt somit in einem Status Quo. Diese These scheint sich nun immer mehr durchzusetzen und verdrängt frühere Befürchtungen, wonach die residuelle HIV-RNA das latente Reservoir auffüllen soll (Ramnatam, 2000 Nat Med).
Somit ergeben sich zwei neue Fragen: Erstens interessiert es, ob es nun alternative Methoden gibt, um das Reservoir beschleunigt abzubauen (Ziel Eradikation!) und zweitens stellt sich die Frage, ob eine Aktivierung des Immunsystems unter HAART (was wir eigentlich als negativ ansehen), den Zerfall des latent infizierten Reservoirs begünstigt.
Zur ersten Frage gab es noch einen kleinen Hoffnungsschimmer: Gisslen et al, (Abstract #88) hatten vor einigen Jahren einen Patienten beobachtet, der nach Immunglobulin-Therapie wegen Guillan-Barre während Wochen trotz Absetzen der HAART keinen Virusanstieg hatte (
Gilssen, J Scand ID, 2005). Die Autoren haben nun die Hypothese geprüft, ob IgG zum Abbau des latent infizierten Reservoirs führen. Dazu haben sie 9 Patienten während 5 Tagen mit IgG (30g/d) behandelt und vor und nachher die latent infizierten Zellen quantifiziert.
Sieben Patienten konnten ausgewertet werden und es fand sich ein Abfall bei fünf, insgesamt um 68%! Das ist ein enormer Wert, wenn man bedenkt, dass die Halbwertszeit (50% Abfall!) normalerweise 44 Montate dauert (Finzi 1996). Das sind zwar erst vorsichtig zu interpretierende Pilot-Daten, auch kennen wir den Mechanismus der IgG Wirkung nicht, doch die Resultate lassen aufhorchen.