Sexuelle Übertragung von HIV

Mit dem EKAF Statement werden Arbeiten über biologische Kofaktoren einer HIV-Infektion wieder mehr beachtet. Auch am ICAAC gab es erneute einige Arbeiten zu diesem Themenkreis.

Genitaler Herpes als Risikofaktor für HIV
Wir wissen, dass STDs das Risiko einer HIV-Übertragung erhöhen. Der Beitrag von einzelnen STDs und insbesondere von asymptomatischen Erkrankungen ist weiterhin unklar. Eine Gruppe vom NYC Gesundheitsamt hat diese Frage in einer Fall-Kontroll Studie untersucht.

Dabei haben die Autoren tiefgefrorene Seren von Personen verwendet, welche mindestens zweimal einen HIV-Test durchführen liessen. Dabei haben sie als Fälle diejenigen definiert, welche zwischen den zwei Blutentnahmen eine Serokonversion hatten und diese mit (matched) Kontrollen verglichen, welche beide Male HIV-negativ waren.
Nun haben die Autoren im ersten der beiden zeitlich versetzten Seren HSV-2 Antikörper bestimmt. Insgesamt wurden 105 Fälle und 287 Kontrollen untersucht. Das Matching erfoglte für Jahr des ersten Tests, Intervall-Dauer, Wohnregion.

Unter den Fällen (HIV-Serokonversion) fanden sich deutlich mehr HSV-2 seropositive Probanden (OR: 2.1, 59% vs. 41%, p<0.01). Der Effekt war noch deutlicher bei Frauen (OR:2.7, 1.4-5.3) als bei Männern (OR 1.8; 0.9-3.5), wo dieser die Signifikanzgrenze verfehlte. Wenn die Daten kontrolliert wurden für Alter, Geschlecht, Staatsbürgerschaft (US vs. Ausländer), waren Fälle 3.6 mal häufiger HSV-2 seropositiv.

Die Autoren schliessen aus der Untersuchung, dass HSV-2 die Empfindlichkeit für eine HIV-Infektion erhöht. Es ist aber auch möglich, dass die HSV-2 Seropositivität ganz einfach ein Marker für eine erhöhte sexuelle Aktivität darstellt, was schon vor vielen Jahren gut beschrieben wurde (Obasi, JID 1999).
Quelle: Newberry et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, H-2327

HIV-Therapie unterdrückt Virusausscheidung in Genitalsekreten wirksam – auch mit Herpes-Koinfektion
Weiterhin bleibt unklar, wie stark sich eine Geschlechtskrankheit auf die HIV-Transmission auswirkt, wenn die HIV-Infektion selbst optimal behandelt ist. Wir wissen von Untersuchungen bei HIV-postiven Männern mit Urethritis, dass die HIV-Viruslast im Sperma nur in wenigen Fällen (konkret 2 von 20) nachweisen lässt und dass die Viruskonzentration im Sperma sehr gering ist. 

Viel diskutiert wird zur Zeit auch der Einfluss einer Herpes-Koinfektion auf die HIV-Infektiosität. Die Gruppe von Susan Cu-Uvin hat diese Frage bei HIV-positiven Frauen mit HSV-2 Koinfektion untersucht. In dieser Studie wurden Frauen randomisiert mit Acyclovir (800mg bid) oder nicht behandelt. Asymptomatischer Nachweis von HSV-2 im Genitalsekret fand sich in 5% der Proben von Frauen unter Acyclovir und 33% der Proben von Frauen ohne Therapie.

Nun haben die Autoren auch die HIV-Konzentrationen im Genitalsekret gemessen. Interessanterweise fand sich praktisch kein HIV-RNA bei Frauen, die unter einer voll suppressiven Therapie standen. Keine der Episoden mit vorübergehendem HSV-2 Nachweis im Genitaltrakt war assoziiert mit einem Nachweis von HIV im Genitalsekret. Die HIV-RNA Plasmakonzentration war nach wie vor der wichtigste Prädiktor für einen Nachweis von HIV im Genitalsekret. Ebenso eine schlechte Adherence.

Die Arbeit bestätigt einmal mehr die gute Wirksamkeit der HIV-Therapie auch in Genitalsekreten. Selbst der Nachweis von intermittierender asymptomatischer HSV-2 Ausscheidung vermochte die HIV-Konzentration im Genital merklich zu erhöhen. Die Arbeit ist im Einklang mit einer kürzlich erschienenen Arbeit von Derek Cheng, in der er bei Männern mit asymptomatischer STD keine Erhöhung der HIV-Viruskonzentration nachgewiesen wurde (s. unseren Beitrag).
Quelle: Nijhawan et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, H-2328

CMV in Genitalsekreten – ein wenig beachteter Risikofaktor für HIV

Die Gruppe von Bob Coombs aus Seattle hat schon vor über zehn Jahren gezeigt, dass HIV-positive Männer mit CMV-Virusauscheidung (sog. CMV-shedders) eine höhere Konzentration von HIV-RNA im Sperma aufweisen als die Kontrollen ohne CMV Nachweis. Nun hat diese Gruppe einen ähnlichen Zusammenhang in weiblichen Genitalsekreten dokumentiert.

Dabei hat die Gruppe gezeigt, dass die HIV-RNA Viruskonzentration im weiblichen Genitalsekret bei Ausscheidern von HSV und CMV höher ist, aber der Einfluss von CMV scheint noch deutlicher als bei HSV.
Die Therapie von HSV zur Senkung der HIV-Ausscheidung im Genitaltrakt wurde bereits durchgeführt (siehe dazu unseren Beitrag). Ob dies nun auch noch mit CMV machbar ist – wie die Autoren vorschlagen – ist wohl fraglich.

Quelle: Casper et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, V-3562a