HIV im Sperma auch unter vollständig suppressiver Therapie
Eine Gruppe aus Frankreich präsentiert eine Arbeit im "AIDS" wonach HIV-positive Männer unter hochwirksamer Therapie auch dann noch HIV-Virus im Sperma haben, wenn sie schon längst kein nachweisbares Virus im Blut hätten und keine Geschlechtskrankheiten vorliegen. Ein Widerspruch mit unseren Daten?
Vielleicht ein Widerspruch, doch unsere Daten werden auch von anderen Autoren bestätigt. Worum geht es?
In Frankreich werden seit einigen Jahren mit grossem Engagement und finanziert durch die Krankenkasse reproduktionsmedizinische Massnahmen bei HIV-positiven Paaren durchgeführt. Das ist eigentlich sehr positiv und wir hatten ja selbst in diesem Gebiet eine Pionierrolle übernommen.
Seit einigen Jahren haben wir nun begonnen, aufgrund des sehr geringen Risikos einer HIV-Transmission unter Therapie ein alternatives Angebot mit Präexpositionsprophylaxe vor gezieltem Geschlechtsverkehr zu diskutieren. Die Paare haben praktisch nur noch diesen natürlichen Weg der Konzeption gewünscht, der übrigens auch viel höhere Empfängnisraten hatte (s. auch Ungeschützter GV bei HIV und Kinderwunsch ) .
Nun haben die Französischen Autoren in einem Kollektiv von 145 Patienten HIV im Sperma bei 5% der Untersuchten gefunden. Nun muss man sagen, dass die Viruskonzentration, die nachgewiesen wurde, auch sehr tief war, doch die Resultate stehen im Widerspruch mit unseren publizierten Ergebnissen und auch mit unseren Erfahrungen. Seit wir Spermaproben von Männern mit HIV unter Therapie messen, und das sind nun schon mehrere Hundert Proben, finden wir praktisch nie HIV-RNA im Sperma. Einzelne Ausnahmen waren bei Proben unter HIV-Monotherapie aufgetreten, doch dort war die Viruslast in der Grössenordnung von 50-150 Kopien/ml, also verschwindend klein und innerhalb der Fehlergrenze von einer Messung von 50 kop./ml.
Woran können die Unterschiede liegen? Die wahrscheinlichste Ursache dürfte bei der Probenaufbereitung liegen. Wird nicht eine Kontamination mit Zellen ausgeschlossen, kann es schon einmal zu einem Nachweis von zell-assoziertem HIV kommen. Sehr unwahrscheinlich scheint uns, dass es sich um eine Kontamination handelt.
Doch die Diskussion läuft sehr aktiv. Die Französischen Kollegen wollen einerseits das Schweizer EKAF Statement (s. HIV-Therapie wirkt auch präventiv) hinterfragen, doch muss man auch feststellen, dass sich die Reproduktionsmediziner sehr engagiert um die Beibehaltung einer Indikation bemühen. Doch auch hier muss fairerweise eingestanden werden, dass es auch hier vielleicht nur eine Minderheit ist, die hier möglicherweise eigennützige Motive verfolgt. Denn gerade für die HIV-Betroffenen ist es wichtig, dass es gute Reproduktionsmediziner gibt, die sich mit den besonderen Problemen der HIV-betroffenen Paare kümmert. Denn Fertilitätsprobleme sind leider bei von HIV betroffenen häufiger als in der übrigen Bevölkerung.