Achtung: Komplementärmedizin kann HIV-Therapie gefährden!

Viele HIV-Patienten, die eine hochwirksame HIV-Therapie einnehmen, versuchen durch weitere Massnahmen ihre Gesundheit zu unterstützen. Doch Vorsicht: Nicht alles da gesund tönt ist tatsächlich sinnvoll, wie eine jüngste Arbeit aus England zeigt.

Die Londoner Gruppe hat 293 HIV-positive Patienten von drei HIV-Spezialisten in London befragt über deren Gewohnheit pflanzliche Produkte oder andere Ergänzungsstoffe einzunehmen. Dabei hatten fast zwei Drittel aller Patienten angegeben, dass Sie pflanzliche Medikamente einnehmen würden und ein Drittel dieser zusätzlichen Medikamente (also 20% aller befragten Patienten) hatten ein Medikament für welches  eine Wechselwirkung mit einem HIV-Medikament bekannt war. Bei 10% aller Patienten musste die Zusatztherapie gestoppt werden.

Die Resultate dieser Umfrage haben mich sehr überrascht und es ist nicht sicher, dass es sich um ein räpresentatives Kollektiv handelt. Doch so oder so dürfen wir davon ausgehen, dass die Möglichkeiten von Wechselwirkungen mit pflanzlichen Mitteln viel zu wenig bekannt sind. Laien stufen pflanzliche Mittel grundsätzlich als harmloser ein als "chemische" resp. pharmakologisch zubereitete Substanzen. Dabei wissen wir, dass pflanzliche Substanzen nichts anderes sind als chemische Stoffe, die zwar in der Natur entstanden sind, doch die genauso das Potential haben, in unserem Körper in die biologischen Abläufe einzugreifen und somit jedes beliebige Organ angreifen können. Ein pflanzlicher Ursprung einer Substanz sollte auf keinen Falls als Persilschein für eine Einnahme gelten.

Achtung Johanniskrautpräparate: Auch ohne HIV-Therapie möglicherweise schädlich
Am häufigsten sehen wir selbst Wechselwirkungen mit Johanniskraut-Präparaten, welche sehr oft eingenommen werden. Aber auch die Vorstellung, Johanniskraut würde das Immunsystem stärken und daher gerade für HIV-positiven Menschen günstig sein, ist gänzlich verfehlt. Johanniskraut hat eine eindeutige Wirkung auf das Immunsystem. Es stimmuliert die Abwehrzellen. Heute wissen wir aber, dass es gerade die Stimulation des Immunsystem ist, welche zur Zerstörung des Immunsystems durch HIV führt. HIV kann nur aktivierte Zellen angreifen. Die Zellen also künstlich in einen Aktivierungszustand zu versetzen, ist somit gerade die falsche Massnahme. 

Quelle: Ladenheim et al, HIV Medicine, 2008; 9:653-659