Ein ungewöhnlicher Erreger einer Osteomyelitis
Fallbericht eines 64-jährigen Filipino’s, der sich wegen einer 4- monatigen Anamnese mit zunehmenden Rückenschmerzen, Beinschwäche und intermittierender Blasen – und Darminkontinenz in einem Spital in Baltimore vorstellt.
Weitere Fallbeschreibung:
Neben den oben erwähnten Symptome bestanden insbesondere kein Fieber und keine pulmonalen Symptome. In der persönlichen Anamnese finden sich ein Diabetes mellitus Typ II, eine KHK und eine art. Hypertonie. Der Mann hat im Vietnamkrieg gedient.
Untersuchungsresultate:
Im MRI zeigten sich Veränderungen entsprechend einer Osteomyelitis, Kompressionsfrakturen und eine epidurale Flüssigkeitskollektion mit Kompression des RM auf Höhe Th 1 bis Th 4. Bei Instabilität wurde eine Vertebrectomy und Fusion C3 bis Th 8 durchgeführt. In der histopathologischen Untersuchung Zeichen im Sinne von chronisch entzündlichen Veränderungen mit Granulationsgewebe. Es konnten keine Erreger, sowohl in den Routinekulturen, als auch in der Auraminfärbung nachgewiesen werden.
Arbeitshypothese und Erstbehandlung
Aufgrund der Anamnese, den erhobenen Befunden und eines pos. Mantoux Tests wurde die Arbeitshypothese einer vertebralen Tbc gestellt. Das Rx Thorax war unauffällig, in drei induzierten Sputen konnten keine säurefesten Stäbchen nachgewiesen werden. Eine antituberkulostatische Therapie mit Ethambutol, Isoniazid, Pyrazinamid und Rifampicin wurde begonnen. Trotz anamnestisch optimaler Adherence kam es unter dieser Therapie wenige Monate später zu Entwicklung von Fieber, Nachtschweiss und Gewichtsverlust. Erneut kam es zu Blasen – und Darminkontinenz, sowie neu blutigem Auswurf. In der neu durchgeführten Bildgebung stellte sich ein grosser, paraspinaler Abszess, sowie Infiltrate und kavitäre Läsionen im rechten Oberlappen dar.
Differentialdiagnose
Mögliche Ursachen dieses Therapieversagens’s sind: Progression der Tbc trotz Behandlung, multidrug resistant Tbc, schlechte Adherence, Superinfektion des Operationsgebietes oder anderer Erreger.
Staph. aureus stellt den häufigsten Erreger, sowohl der primär hämatogenen, als auch der fortgeleiteten Osteomyelitis dar, gefolgt von Streptokokken und gramnegativen Keimen. Weniger häufig sind Mycobacterium tuberculosis, meist Befall im thorakolumbalen Übergang mit Involvierung der Vorderkante, viel seltener sind Pilze. Bei den Brucellen gehören Arthritis, Sacroiliitis und Spondylitis zu den häufigen Skelettmanifestationen. Eine Exposition zu Rind, Schaf ,Schwein, oder die Einnahme unpasteurisierter Milchprodukte würde den Verdacht erhärten. Im hier beschriebenen Fall ist der Erreger jedoch Burkholderia pseudomallei, ein gramnegatives Stäbchenbakterium.
Buerkholderia pseudomallei
Die Herkunft, Philippinen, die Anamnese Vietnamveteran und D. mellitus machen diesen ungewöhnlichen Erreger wahrscheinlich. Burkholderia pseudomallei, Melioidose, ist endemisch in Nordaustralien, Südostasien (Vietnam,Malaysia, Philippinen). Vorkommen von B. pseudomallei in Erde und Wasser, aquatischen Systemen (z.B Reisfeldern). Die Transmission erfolgt perkutan, per inhalation oder ingestion. B. pseudomallei gehört zu den CDC gelisteten "potential agent of biologic warfare".
Die klinische Präsentation ist variabel von akuten, bis chronisch schwer verlaufenden Infektionen der Haut, Muskeln, Lunge, urogenital mit gelegentlicher akuter septikämischer Ausbreitung mit hoher Letalität. Risikofaktoren der Melioidose sind D. mellitus, chron. Nierenerkrankungen, chron. Lungenerkrankungen, bzw. alle Zustände, die mit einer Immunsuppression einerhergehen. Einmal erworben kann B. pseudomallei für Monate und Jahre "silent" sein und bei Immunsuppression des Wirts reaktiviert werden.
Die Behandlung umfasst eine "Initiation" Therapie gefolgt von einer "Eradikation" Therapie. Ceftazidime, Imipenem oder Meropenem i.v über 14 Tage, gefolgt von hoch dosiertem Trimethoprim-Sulfamethoxazole plus Doxycycline für mind. 20 Wochen p.os. Trotz adäquater Behandlung ist die Mortalität hoh, 10% erleiden einen relaps. Dieser Patient konnte nach Abszess Sanierung und Beginn der antibiotischen Therapie entlassen werden. Nach 3 Monaten haben sich CRP und BSR normalisiert, er befindet sich in einem deutlich gebessertem Allgemeinzustand.
Wie in diesem Fallbericht schön gezeigt ist die DD zur Tbc schwierig. Bei entsprechender Anamnese sollte auch an etwas ungewöhnlichere Erreger gedacht werden.
Quelle: Beware of first impressions, N Engl J Med. 2008 Aug 7;359(6):628-634.