Besuch aus Ufa, Reisebericht von Anna Dubrovskaya

Anna Dubrovskaya ist Präsidentin der HIV-Selbsthifeorganisation "GolosAntiSPID" in Ufa. Nachfolgend finden Sie Ihren Bericht über die Reise vom 13.-26.6.2008 nach St. Gallen, welche im Rahmen unseres ITSR-Projekts erfolgt ist.

Reisebericht von Anna Dubrovskaya

Ein grosses Dankeschön an alle Organisatoren dieses Projektes, an alle Mitarbeiter der Infektiologie und besonders an Prof. Pietro Vernazza, Elena Brede, Dunja Nicca und Synove Daneel.

Ein solches Praktikum und den damit verbundenen Erfahrungsaustausch finde ich am wichtigsten für die Entwicklung internationaler Beziehungen in AIDS-Bereich.  Jetzt kann ich aus eigener Erfahrung sagen –  lieber  einmal sehen als hundertmal zu hören.

Die wichtigsten 2 Punkte in der AIDS –Prophylaxe/Prävention waren für mich:

  1. Entwicklung der Harmreduktion-Programme auf der Regierungseben
  2. Präventionsprogramm in Schulen

  1. Harmreduktion beim Injektionsdrogenkonsum 

    1. Methadon-Programm
      Ich finde, dass das Einführen von Methadon-Programmen die effizienteste Prophylaxe der AIDS-Übertragung bei Drogeninjektion ist. Die offensichtlichsten Vorteile dieser Methode bestehen für mich darin, dass die Konsumente der Injektionsdrogen unter staatlicher Kontrolle stehen. Sie müssen die Drogen nicht kriminell beschaffen, sind leichter in der Antiretroviralen-Therapie zu behalten, können besser sozial integriert werden und sie haben die Möglichkeit rechtzeitig medizinische Hilfe und Untersuchungen zu erhalten. Mir ist noch etwas sehr wichtiges aufgefallen, die medizinischen und sozialen Mitarbeiter sind sehr tolerant gegenüber den Methadon-Patienten und begegnen ihnen ohne Vorurteile und Bewertungen ihrer Lebensweise. Ein solcher Umgang mit Methadon-Patienten hilft den Patienten Vertrauen zu gewinne und sich gegenüber den Mitarbeitern des Methadon-Programms zu öffnen, mit ihnen Kontakt zu suchen und gemeinsam nach Lösungen für die privaten Alltagsprobleme zu suchen.
    2. Heroinprogramm
      Ich finde, dass die Einführung und Realisierung solcher Programme notwendig ist. Viele Drogenkonsumenten sind von der Drogeninjektion psychisch sehr abhängig. Meiner Meinung nach, zeigt die Tatsache, dass Drogenkonsumenten die Wahl zwischen Programmen und auch zwischen Lebensweisen und deren Konsequenzen haben, sehr deutlich wie der Staat zu den Menschenrechten steht. Sehr beeindruckend für mich ist, dass die Injektionsdrogenkonsumenten vom Staat nicht als Verbrecher, sondern als kranke Menschen, die eine Therapie benötigen, gesehen werden.
    3. Spritzen- und Nadelaustausch
      Auch sehr beeindruckend war für mich die Organisation der „Umtauschstelle“. Die Stelle befindet sich in der Stadtmitte, wo alle Drogenkonsumenten in Ruhe und ohne Gefahr den Tausch machen können. Das zeigt, dass die AIDS-Prävention für den Staat sehr hohe Priorität hat.
    4. Gassenküche
      Ein der wichtigsten Komponenten des Harmreduktion-Programms ist die Gassenküche – eine Stelle wo alle Bedürftigen zu bestimmten Zeiten das Essen erhalten. Die Tatsache ist, dass organisiertes Essen und Aufenthalt in der Gassenküche die Kriminalität reduziert und somit auch den potentiellen Schaden für die Gesellschaft.

  2. Präventionsprogramm in Schulen

    Mit der Zulassung von Präventionsprogrammen an Schulen anerkennt der Staat aus meiner Sicht, dass die effiziente Prävention nicht aus Verboten und erschreckenden Fakten, sondern aus der Aufklärung besteht.

    In dem man mit Jugendlichen offen über sexuelle Fragen, über Drogen und Konsequenzen des Drogenkonsums und AIDS redet, wird anerkannt, dass Jugendliche einen Zugang zu allen diesen Themen auch ohne Zustimmung der Eltern und Lehrer haben. Im Fall der Aufklärung, ist es dem Jugendlichen möglich die Wahl zu treffen, er kennt die Konsequenzen seines Verhaltens, der junge Mensch wird nicht als „noch zu jung für das Thema“, sondern als gleichgestellter Gesprächspartner gesehen.

Ich hoffe, dass unsere Zusammenarbeit positiv fortgeführt wird und sich nicht nur auf diese Reise beschränkt.

Hochachtungsvoll
Anna Dubrovskaya
Präsidentin „GolosAntiSPID“