Wird die Tuberkulose auch im Labor diagnostiziert?

Interferon-gamma release assays (IGRAs) haben sich inzwischen als bessere Alternative zum Tuberculin-Hauttest in der Diagnose der latenten Tuberkuloseinfektion etabliert. Ihr Einsatz bei der Dagnosestellung der aktiven Tuberkulose ist jedoch umstritten. Prof. Lalvani ist daher der IGRA-Testsensitivitaet bei aktiver Tuberkulose systematisch nachgegangen.

In der Diagnostik der latenten Tuberkuloseinfektion (LTBI) wurden in den letzten Jahren Interferon-gamma Assays (IGRA’s) entwickelt, welche eine höhere Spezifität und Sensitivität als der Tuberkulin Hauttest (Tuberculin Skin Test, TST) aufweisen. IGRA’s haben sich bei der Diagnosestellung der LTBI als sinnvolle Ergänzung zur anamnestischen Erfassung der Tuberkuloserisikofaktoren etabliert (vgl. unsere Berichte vom Mai 06 und Juli 06 ). Ihre Anwendung zur Diagnose oder zum Ausschluss einer aktiven Tuberkulose ist jedoch umstritten.

Einer der Urväter der IGRA’s, Prof. Lalvani, Imperial College London, ging dieser Frage in einer prospektive Studie nach. Es wurde bei Patienten, welche sich mit dem Verdacht auf eine aktive Tuberkuloseinfektion vorstellten, zwei ELISpot-Assays (der herkömmliche T-Spot.TB und eine modifizierte Variante (ELISpotPLUS) und ein TST durchgeführt.

Hohe Sensitivität von ELISpot-Plus

Von 348 in die Studie eingeschlossenen Patienten wurde bei 194 eine aktive TB (Kultur-positive TB oder hohe klinische Wahrscheinlichkeit mit TB-Therapieansprechen) diagnostiziert. Die Mehrzahl dieser Patineten waren Immigranten aus Gebieten mit einer hohen TB-Prävalenz. Mit dem ELISpotPLUS konnten 89% der Tubekulosefälle nachgewiesen werden; die Sensitivität des TST (cut-off 15mm) lag bei 79%, der T-Spot.TB lag mit 85% dazwischen. Die Sensitivität eines postiven ELISpotPLUS kombiniert mit einem positiven TST betrug sogar 99%!

Soll die Tb-Diagnostik nun durch einen IGRA ergänzt werden?
Aufgrund dieser Resultate stellt sich die Frage, ob die IGRA’s in der Diagnostik der aktiven TB eingesetzt werden sollte.
Dazu einige kritische Überlegungen:

  • Der Test benötigt zur Duchführung ein qualifiziertes Labor in der Nähe (Test muss inert 6 Std. fachgerecht inkubiert werden).
  • Das IGRA-Resultat ist erst am Ende des nächsten Tages erhältlich. Hingegen ist eine Ziehl-Nielsen Färbung eines Sputums oder einer Bronchiallavage meist gleichentags erhältlich, und diese ist entscheidend für das initiale Managmenet des Patienten (insbes. Isolation).
  • Ein positiver IGRA und/ oder TST ist nicht gleichbedeutend mit einer therapiebedürftigen aktiven TB! In Lalvani’s Studie wiesen 37 Patienten einen positiven ELISpotPLUS auf, obschon sie nicht an einer aktiven TB erkrankt waren.

Weitere Ueberlegungen sind von Menzies zusammengaffst worden (Menzies. Ann Intern Med. 2008).

Die Isolierung des Erregers (oder zumindest der entsprechende Versuch) ist für die Therapieentscheidung und TB-Resistenzüberwachung nach wie vor zwingend, auch wenn die Sensitivität bei einer (seltenen) extrapulmonalen TB oder gering ausgeprägten pulmonalen TB eingeschränkt ist. Daher sollte sich die Diagnose der aktiven TB nicht auf einem positiven IGRA abstützen. Auch zum Ausschluss einer aktiven TB ist er nicht uneigeschränkt geeignet, da ein positives IGRA-Resultat nicht zwischen einer aktiven Erkrankung und einer latenten Tuberkuloseinfektion unterscheidet.

 

Daher gehört die Diagnose der aktiven TB nach wie vor nicht ins Reagenzglas, sondern in die Hand des Klinikers und die Petrischale des Mikrobiologen.

Quelle: Dosanjh et al. Ann Int Med 2008 Mar 4;148(5):325-36.