H5N1 von Mensch-zu-Mensch übertragbar! Nimmt Pandemierisiko zu?

Eine chinesische Gruppe zeigt, dass die Mensch-zu-Mensch Uebertragbarkeit von H5N1, dem "Vogelgrippevirus" vorgekommen ist. Nimmt nun die Gefahr einer Pandemie mit H5N1 zu?

 

Das chinesische Forscherteam um Prof. Wang Yu verglich das Erbgut des Vogelgrippevirus H5N1-Influenzavirus in einer Übertragungskette von Sohn zu Vater. Der 24-jährige Sohn erkrankte 6 Tage nach dem Besuch eines Vogelmarktes und verstarb im Verlauf aufgrund der H5N1-Infektion. Der Vater hatte einzig Kontakt mit seinem erkrankten Sohn, jedoch keinen Kontakt mit Geflügel. Er überlebte dank einer rechtzeitigen und intensiven Therapie.

Genetische Analyse der Verwandschaft der Viren
Das Team untersuchte das Erbgut des H5N1-Virus, welches den Sohn infiziert hatte, und verglich es mit dem viralen H5N1-Erbgut, welches beim Vater nachgewiesen wurde. Wenn sich Viren vermehren (= replizieren), so treten kleine “Abschreibefehler” im Erbgut auf, da die Proteine, welche für das Kopieren des Erbgutes verantwortlich sind, Fehler nicht immer effizient korrigieren können. Somit treten kleine Unterschiede im Erbgut auf (minor genetic drift). Je weniger Unterschiede zwischen zwei bei unterschiedlichen Personen isolierten H5N1-Viren bestehen, desto wahrscheinlicher ist es, dass beide Personen mit demselben Virus (Virusquasispezies) infiziert wurden. Yu et al. fanden nur einen einzigen kleinen Unterschied (non-synonymus nucleotide substitution) bei dem Vater. Daraus schliessen die Autoren, dass der Vater sich bei seinem Sohn mit dem H5Ni-Influenzavirus angesteckt hat.

 
Mensch-zu-Mensch Übertragung von H5N1-Influenza erwiesen
Dies ist die bislang am besten belegte Mensch-zu-Mensch Übetragung eines H5N1-Influenzavirus. Alle anderen Berichte stützen sich weitgehend auf epidemiologische Berichte und nahmen eine Mensch-zu-Mensch Übetragungskette an, wenn bei einem nahen Verwandten einer erkrankten Person ein H5N1-Virus nachgewiesen werden konnte und diese keinen weiteren Riskokontakt z.B. mit Geflügel hatte. Das Problem bei diesen epidemiologischen Beobachtungen ohne eine genaue Charakterisierung des Virus ist, dass in den asiatischen Gesellschaften meist alle betroffenen Familienmitglieder auch Risikokontakt mit Geflügel ihrer eigenen Zucht haben und daher eine Mensch-zu-Mensch Übertragung nicht sicher beweisbar ist.

Mensch-zu-Mensch Übertragung möglicherweise überschätzt
Die Autoren gehen davon aus, dass ein beträchtlicher Teil der im asiatischen Raum beobachteten Vogelgrippefälle beim Menschen auf eine Mensch-zu-Mensch Übertragung zurückzuführen ist. Diese Aussage wird mit der Beobachtung belegt, dass die meisten Fälle üblicherweise in kleinen Gruppen nahe zusammenlebender Menschen auftraten. Müssen wir daher eine Vogelgrippepandemie in den naechsten Wochen befürchten? Sicherlich nicht, den Yu et al. liefern mit ihrer Untersuchung auch gleichzeitig den Beleg, dass zur Zeit eine Mensch zu Mensch Übertragung ein sehr seltenes und eher unwahrscheinliches Ereignis ist und relativieren damit ihre eigene Schlussfolgerung: Sie untersuchten weitere 91 Personen, welche Kontakt mit dem erkrankten Sohn oder Vater hatten, und keine dieser Personen erkrankte oder entwickelte Antikörper gegen das H5N1-Influenzavirus.

Familiäre Häufung könnte auch genetisch bedingt sein
Es ist auch möglich, dass Vater und Sohn eine genetische Disposition aufweisen, welche sie anfällig macht auf eine Erkrankung mit dem Vogelgrippevirus. Die Studie zeigt, dass es wichtig ist, die Ausbreitung des H5N1-Influenzavirus genau zu verfolgen. Eine Mensch zu Mensch Übertragung ist aber nach wie vor – auch wenn mit dieser Studie belegt – ein sehr seltenes Ereignis, welches einen sehr engen Kontakt erfordert, und auf Grund dieser Studie kann nicht geschlossen werden, dass eine Pandemie bevorsteht.

Quelle: Wang H et al. Probable limited person-to-person transmission of highly pathogenic avian influenza A (H5N1) virus in China. Lancet, early online 08.04.2008