Zusatzinformation Atazanavir
CASTLE-Study: Atazanavir im Zauberschloss
Der Goldstandard unter den Protease-Hemmern ist nach wie vor das ritonavir-geboostete Lopinavir (LPV/r). Überhaupt werden heute Protease-Hemmer nur noch mit Ritonavir Boosting verabreicht. Möglich, dass dies in Zukunft im Bereich der Erhaltungstherapie noch neu evaluiert wird.
Der Head-to-head Vergleich
In der Castle Studie wurde Ritonavir geboostetes Atazanavir (ATV/r) mit LPV/r verglichen. Die Studie wurde von BMS, der Herstellerfirma von ATV durchgeführt. Verglichen wurden die beiden Substanzen in Kombination mit Truvada (TDF+FTC) bei zuvor unbehandelten ("therapie-naiven") Patienten. Gut 440 Patienten wurden je in einen der beiden offenen Behandlungsarme randomisiert. Die beiden Behandlungsgruppen waren bezüglich Viruslast, CD4 Werten, Geschlecht und Risikogruppen vergleichbar.
Bezüglich Wirkung vergleichbar
Die Studie wurde als non-inferiority-Studie geplant. Sie zeigte einen identischen Verlauf der Anzahl Patienten mit supprimierter (<50) Viruslast in der ITT-Analyse. Insgesamt erreichten 78% vs. 76% das Therapieziel nach 48 Wochen, womit gezeigt ist, dass ATV/r dem LPV/r bezüglich Wirksamkeit bei naiven Patienten ebenbürtig ist.
Vorteil für ATV bezüglich Blutfetten
Die Nebenwirkungen waren mehr oder weniger vergleichbar. Die Anzahl schwerer Nebenwirkungen oder Therapieunterbrüchen wegen Nebenwirkungen war identisch. Wie zu erwarten war, gab es mehr "Gelbsucht" (4% vs. 0%) und mehr Bili-Erhöhungen über das 2.5-fache der Norm (34% vs. 1%) unter ATV/r jedoch mehr Übelkeit (4% vs 8%) und mehr Durchfall (2% vs. 11%) unter LPV/r.
Signifikant waren die Unterschiede bei den Blutfetten, insbesondere beim Cholesterin. Eine Erhöhung über 6.2 mmol/l fand sich seltener unter ATV/r (7% 18%). Eine Erhöhung der Triglyceride fand sich bei 13 vs. 51%, also auch günstiger unter ATV/r. Allerdings fand sich kein Unterschied bezüglich HDL-Erhöhung.
Kommentar
Dieser erste direkte Vergleich zwischen ATV und LPV zeigt eine sehr gute Wirksamkeit des ritonavir-geboosteten Atazanavir. Die Anfänge der Entwicklung dieser Substanz waren nicht so günstig. Zunächst war der Vergleich mit Efavirenz zwar gut, doch insgesamt wurde in jener Studie (Squires et al) ein schlechtes Therapieresultat erzielt. Die vorliegende Studie hat wohl alle Zweifel an der Wirksamkeit des ritonavir-geboosteten Atazanavir beseitigt. Allerdings sind die Lipidvorteile gering. Ein Teil der Lipidveränderungen dürfte durch das Ritonavir-Boosting zustande kommen. Was uns somit noch interessiert wäre, ob in der Situation der Erhaltungstherapie das Ritonavir-boosting auch noch nötig ist. Falls nicht, wäre die Wirkung der Therapievereinfachung auf den Fettstoffwechsel interessant.
Quelle: Molina et al, CROI 2008, Abstract 37