HSV-Suppression reduziert HIV-Risiko nicht
Eigentlich ist es bekannt, dass Geschlechtskrankheiten, insbesondere auch Herpes genitalis (verursacht durch HSV-2) die Anfaelligkeit fuer eine HIV-Infektion erhoeht. Doch eine praeventive Suppressionstherapie scheint auch nicht zu nuetzen.
Wir hatten im Bericht vom CROI 2008 bereits über die Arbeit berichtet, nun ist sie im NEJM erschienen. Die Studie ist mit grossen Hoffnungen gestartet. Lanciert wurde die Studie in Tanzania. Die Idee war, dass HIV-negative Frauen, welche einmal mit Herpes genitalis (Herpes simplex virus typ 2, HSV-2) infiziert waren, durch eine Dauersuppressionstherapie des Herpes gegen eine HIV-Infektion schützen. Die Studie wurde über 2000 16-35-jährigen Frauen angeboten, welche Sex gegen Geld in Bars, Hotels und Freizeiteinrichtungen anboten. Schliesslich wurden 821 Frauen in die randomisierte Studie (Suppressionstherapie mit Acyclovir vs. Plazebo) aufgenommen.
Viele logistische Probleme
Die Studie ist sehr schwierig auszuwerten, denn sobald eine Frau schwanger wurde, musste sie ausgeschlossen werden. Nach 2 Jahren waren nur noch 347 Frauen in der Studie, welche insgesamt über 2.5 Jahre lief. Die primäre Analyse (Intention to treat) konnte mit 679 Frauen durchgeführt werden. Ein weiteres Problem war die Adherence. Die Frauen waren nicht sehr gut motiviert, die Tabletten einzunehmen (2x400mg Acyclovir oder Placebo). Dies ist ein wesentliches Problem bei Studien in Drittweltländern. Die Probanden werden für die Teilnahme sehr gut finanziert, sodass die Motivation, mehr über die Wirkung der Behandlung zu erfahren, oft untergeordnet ist.
Hohe HIV-Inzidenz
Insgesamt kam es zu 28 HIV-Infektionen in der etwas grösseren Placebo Gruppe und 27 in der Acyclovir Gruppe mit einer Inzidenz von 4.12 resp. 4.44 Infektionen pro 100 Patientenjahre in der Placebo resp. Acyclovir-Gruppe (siehe nebenstehende Kaplan Meier Analyse). Selbst wenn die Behandlung nach Adherence-Gruppen stratifiziert wurde, fand sich kein signifikanter Unterschied, ja nicht einmal ein Trend zugunster der Suppressionsbehandlung.
Auch kaum eine Wirkung auf Herpes-Recidiv
Die Frauen wurden alle 3 Monate untersucht. Anlässlich dieser Untersuche fanden sich relativ selten Zeichen eines aktiven Herpes-Rezidives. Doch auch diesbezüglich fand sich in den beiden Gruppen kein wesentlicher Unterschied mit 6 Episoden in der Placebo und 9 in der Suppressionstherapie-Gruppe. Noch seltener (3 vs. 1x) konnte auch das HSV-Virus in den Läsionen nachgewiesen werden. Diese bescheidene Wirkung der Suppressionstherapie ist auch ernüchternd.
Kaum als Präventionsmassnahme einzusetzen
Insgesamt haben die Resultate sicher enttäuscht. Die Inzidenz von akuten HSV-Rezidiven war offensichtlich in beiden Gruppen geringer als erwartet. Somit kann eine Suppressionstherapie auch nicht viel bewirken. Denn offensichtlich führen nur aktive HSV-Rezidive zu einer Erhöhung der Empfänglichkeit für HIV. Aktive Herpes-Rezidive sind häufiger in den ersten Monaten und Jahren nach einer Infektion. Mit zunehmendem Alter werden die Rezidive seltener. Offensichtlich waren in dieser Population die HSV-Infektionen schon so weit zurückliegend, dass keine wesentlichen Probleme auftraten. Dazu kommt natürlich auch, dass unabhängig von der HSV-Suppressiontherapie andere Geschlechtskrankheiten in beiden Gruppen weiterhin auftragen, welche ebenfalls unabhängig von HSV zur Erhöhung der Infektionsrate führen.
Offenbar kann die Modifikation von STDs nicht als HIV-Präventionsmassnahme gelten. Viel eher erwarten wir für diese Sexworkerinnen einen Schutz durch eine Prä-Expositionsprophylaxe. Die ersten Resultate dazu dürften in ca. 2 Jahren zu erwarten sein.