Zerstört HIV die Reservezellen des Gehirns?
Bei einer HIV Erkrankung gelangen Viren bereits früh ins Zentralnervensystem. Das Virus kann während vielen Jahren im Gehirn überleben. Was sind die Konsequenzen?
Spezielle Gehirnzellen (wie die Astrozyten) gelten als Reservoir für die HIV Infektion. Wenig ist bekannt über die noch undifferentierten (nicht ausgereiften) Gehirnzellen die etwa 4% der weissen Hirnsubstanz ausmachen. Diese nicht differenzierten Zellen können später im Leben (z.B nach Gehirninfarkt) die Funktion ausgereifter Zellen übernehmen. In wie fern noch nicht ausgereifte Zellen im Gehirn als Reservoir für HIV dienen, wurde in einem experimentellen Model mit einer multipotenten menschlichen Stammzelllinie (HNSC.100)) untersucht.
Nach in-vitro Infektion der noch nicht differenzierten Stammzelllinie (HNSC.100) mit HIV fand selbst nach 60 Tagen eine moderate Virusmenge in der Kultur und provirale HIV Sequenzen konnten bis zu 115 Tage lang gefunden werden. Diese Resultate deuten darauf hin, dass das HIV Virus in den nicht differenzierten Zellen des Gehirns persistiert. Diese Zellen könnten also als Reservoir dienen.
Die multipotente menschliche Stammzelllinie (HNSC.100) unterschied sich von den differenzierten Gehirnzellen (Astrozyten), indem sie weniger GFAP (gliales fibrilläres Säureprotein), mehr Zelloberflächen CXCR 4 Chemokinrezeptoren, eine andere Zellmorphologie und mehr HIV- Rev Aktivität zeigte. Insbesondere die Rev- Aktivität ist für die HIV Replikation entscheidend.
In diesem experimentellen Model konnte auch gezeigt werden, dass die Differenzierung HIV infizierter HNSC- Vorläufer Zellen (menschliche mulotipotente Stammzelllinie) zu Astrozyten zu einer transienten Aktivierung der HIV- Virusproduktion führt. (Siehe Abb). Bei diesem dynamischen Prozess spielen sowohl HIV stimulierende als auch HIV restriktive Mechanismen eine Rolle.
Zusammenfassend unterstützt die Studie die Hypothese, dass in-vitro HIV Viren in neuronalenVorläuferzellen überleben können und diese abhängig von extrazellulären Faktoren das Virus in unterschiedlichen Mengen freisetzen, sowie durch das HIV Virus verändert werden können. (ggf auch zerstört werden). In wie fern diese Hypothese auf die in vivo Infektion übertragen werden darf, ist jedoch noch nicht genügend untersucht. Weitere Studien sind deshalb dringend notwendig.