Akute Idiopathische Fazialisparese: Welches Medikament hilft am besten?

Die plötzliche auftretende Gesichtslähmung ist keine schwere, subjektiv aber oft dramatisch erlebte Erkrankung. Gerne möchte man die maximale Therapie anbieten. Doch was nützt?

Eine randomisierte, placebokontrollierte Intention-to-treat-Studie im NEJM klärt eindeutig die Gretchenfrage der optimalen Therapie!

Im Erwachsenenalter tritt die periphere Fazialisparese am häufigsten zwischen dem 30. und 45. Lebensjahr auf. Ueber die Ursache wird seit vielen Jahren spekuliert. Es werden vaskuläre und entzündliche Aetiologien diskutiert und die mögliche Assoziation mit einer Herpes-Infektion beschrieben. Obwohl in den meisten Fällen rasch und vollständig ausheilend, verbleiben residuelle Defizite bei bis zu knapp einem Drittel der Patienten.

Die im NEJM publizierte Studie wurde multizentrisch randomisiert in Schottland durchgeführt. Es wurden 551 Patienten ab 16 Jahren mit akuter idiopathischer Fazialisparese (Rekrutierung und Medikamentenabgabe innert 72h nach Manifestationsbeginn) eingeschlossen. 496 Patienten durchliefen die gesamte Studienzeit während 9 Monaten. Es wurde Prednisolon (25mg/d, gemeinsam mit Placebo), Acylovir (5x/d 400mg, gemeinsam mit Placebo), eine Kombination beider Medikamente oder 2 Placebos für die die Dauer von 10 Tagen abgegeben. Als primärer Endpunkt wurde der Erfolg anhand von Photographien (Ruhezustand, forciertes Lachen, Erheben der Augenbrauen, Augenschluss) erhoben und graduell durch einen Neurologen, HNO-Arzt und plastischen Chirurgen festgehalten. Die "quality of life" galt als sekundärer Endpunkt.

Das Ausmass der Fazialisparesen war moderat bis schwer. Knapp 54% der Patienten erhielten eine Behandlung innert 24h nach Beginnn der Symptome, lediglich um 14% innert 72h. Die Adhearance (gemssen an returnierter "pill containers") betrug 90%. Die Resultate in Abhängigkeit einer Prednisolongabe unabhängig von Acyclovir waren signifikant: Nach 3 Monaten zeigte sich in der Gruppe mit Prednisolon eine vollständige Erholung zu 83% vs. 63.6% ohne Prednisolon. Nach 9 Monaten verbesserte sich die Rate unter Prednisolon auf 94.4% mit und auf 81.6% ohne Prednisolon. Acyclovir mit oder ohne Prednisolon hatte keinen signifikanten Einfluss auf das outcome. Die Erfolgsrate nach 9 Monaten unter reiner Placebotherapie war mit 85.2% recht hoch. Weder Prednisolon noch Acyclovir zeigten einen signifikanten Einfluss auf den sekundären Endpunkt.

Diese Studie an einer grossen Anzahl Patienten scheint repräsentativ und auch auf Patienten hierzulande übertragbar zu sein. Die eindrücklichen Resultate bestätigen (bei Arztkonsultation innert 72h nach Symptombeginn) den Sinn einer frühzeitigen Steroidgabe (durch postulierte Beeinflussung der Immunantwort eines allfällig ursächlichen Erregers und vermindertes perineurales Oedem). Hingegen sollte im Falle fehlender klinischer Anhaltspunkte für eine Herpesinfektion von einer routinemässigen antiviralen Therapie (insbesondere Acyclovir) abgeraten werden.

Quelle F. Sullivan et al., Early treatment with prednisolone or acyclovir in Bell’s pulsy, NEJM 357; 16, 2007