Varizellen-Imfpung: 2. Dosis notwendig
In den USA wird die Varizellen-Imfpung (Windpocken) für Kinder seit 2003 empfohlen. In der Schweiz machen wir dies nicht, weil die Windpocken im Kinderalter eine harmlose Erkrankung ist und die Zirkulation der Infektion wichtig für die Erhaltung der Immunität ist. Denn gerade Letzteres ist mit der Impfung alleine ungenügend.
Die Resultate der Mitte März 07 im NEJM publizierte Studie waren bereits der Grund dafür, dass in den USA nun eine zweite Imfpdosis mit dem Varizellen-Imfstoff empfohlen wird.
In dieser Studie wurde eine Population von 350’000 Personen während 10 Jahren (1995-2005) beobachtet. Dabei stieg die Inzidenz von sog. Breakthrough-Infektionen (Windpocken, später als 42 Tage nach der Impfung auftretend) deutlich an (s. Abbidlung Fig. 3). Von gut 11’000 Windpocken-Fällen waren knapp 10% bei Geimpften aufgetreten (Breakthrough). Das Risiko einer Infektion stieg besonders stark 5 Jahre nach der Imfpung.
Die Varizelleninfektion ist im Kindesalter harmlos, doch im Erwachsenenalter ist sie eine gefährliche, selten sogar tödlich verlaufende Erkrankung (s. Bericht). In Europa haben wir uns gegen die Imfpung der Kleinkinder entschlossen. Ein wichtiger Grund ist auch, dass die zirkulierenden Wildtyp-Varizellen das Immunsystem der erwachsenen Menschen immer wieder stimulieren (sog. Booster-Effekt). Diese Stimmulation unserer Immunantwort schützt uns wiederum vor den Spätfolgen der latenten Varizellen-Infektion, der Gürtelrose (s. Bericht). Dies erklärt, weshalb Eltern und Grosseltern, die mit ihren Kindern zusammen leben seltener an Gürtelrose erkranken als Kinderlose ältere Erwachsene.
Ein schönes Beispiel, wie die Natur den langanhaltenden Schutz gewährt. In der Schweiz und den meisten Europäischen Ländern haben wir uns zu einem sinnvollen Kompromiss entschieden (s. Empfehlung). Wir impfen Adoleszente und junge Erwachsene, welche noch keine Varizellen durchgemacht hatten. Damit schützen wir diese vor der gefährlichen Komplikation im Erwachsenenalter und lassen weiterhin zu, dass das Virus bei Kindern zirkulieren kann (95% werden als Kleinkinder infiziert) und uns Erwachenen einen "Rappel d’immunisation" vermittelt.
Ein guter Rat für alle Eltern: Lassen Sie ihre Kinder unbedingt mit Kindern, die an Windpocken erkrankt sind spielen und stellen Sie sicher, dass Sie selbst die Windpocken durchgemacht haben oder lassen sie sich andernfalls impfen.