Molekulare Techniken zur Untersuchung nosokomialer Infektionen
Legt man amerikanische Daten zu Grunde, ist bei uns von jährlich ca. 2200 Todesfällen und zusätzlichen Kosten in der Grössenordnung von 100 Millionen CHF auf Grund von nosokomialer Infektionen aus zu gehen. Die Erradikation von allfälligen Reservoiren von Nosokomialkeimen ist eine wesentliche Voraussetzung für die wirkungsvolle Prävention. Mit der Entwicklung verschiedener DNA-basierte Methoden wurden in den letzten Jahre enorme Fortschritte in der Identifikation solcher Reservoire gemacht.
In einer soeben erschienenen grossen Review (326 Literaturstellen zitiert!) von Singh et al. im Clinical Microbiology Reviews werden molekulare Techniken zur Untersuchung nosokomialer Infektionen diskutiert. Die Untersuchung der Klonalität ist bei der Quellenidentifizierung (Umwelt, Personal) hilfreich sowie zur Unterscheidung infektiöser von nicht-infektiösen Stämmen und von Rezidiv vs. Reinfektion.
Typisierungsmethoden
Weit verbreitet ist bis heute die Typisierung (va. von Bakterien) an Hand phänotyischer Merkmalen wie Morphologie, biochemischer Reaktion oder antimikrobieller Wirksamkeit. Bei der Serotypisierung weisen Antikörper bestimmte Oberflässen-Antigene nach und spielt va. bei der Typisierung von Klebsiella und Pseudomonas eine Rolle. Auch die Empfindlichkeit gegen Phagen kann zur Typisierung eingesetzt werden, z. B bei S. aureus, P. aeruginosa oder Salmonella spp. Limitierend ist hierbei der grosse Aufwand im Labor, die schlechte Reproduzierbarkeit und die meist niedrige Diskriminierungskraft dieser Methoden.
Molekulare Methoden dagegen lassen sich hervorragend standardisieren und diskriminieren meist sehr gut verwandte von nicht-verwandten Isolaten. Deshalb wurden in den letzten Jahre sehr viele neue DNA-basierte Methoden entwickelt: Dazu gehört beispielsweise die pulsed-field gel electrophoresis (PFGE). Dabei wird chromosomale DNA von Restriktionsenzymen in grosse Fragmente geschnitten und anschliessend elektrophoretisch aufgetrennt wird. In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist auch die contour-clamped homogenous electric field-Technik (CHEF), wo eine komplexe Mehrelektroden-Elektrophorese zur Anwendung kommt. Mit der Southern blot Technik kann eine Ribotypisierung durchgeführt werden, welche wie die Plasmid Analyse ua. bei der Bestimmung spezieller Resistenz- oder Virulenzfaktoren zur Anwendung kommt. Ferner hat die PCR rasch an Bedeutung in der mikrobiologischen Diagnostik gewonnen, beispielsweise zur Typisierung von E. coli, S. aureus und von Enterokokken. In Zukunft wird die Sequenzierung spezifischer Loci weiter an Bedeutung gewinnen.
Kosteneffektivität
Und wie sieht es mit der Kosteneffektivität dieser Techniken aus? Diese konnte wiederholt gezeigt werden: So wird eine Studie aus dem Memorial Hospital Chicago zitiert, in der gezeigt wurde, dass nach Einführung eines schnell verfügbaren Programms zur molekularen Typisierung im die Infektrate pro 1000 Patiententage um 13% und die Zahl der Hospitalisationen wegen nosokomialer Infektionen um 23% gesenkt werden konnten. Damit konnte für jeden in das Projekt investierten Doller 5 Dollar eingespart werden! Andernorts fürhte die Einführung einer PCR-Methode zur MRSA-Identifizierung zu einer 75%-igen Verkürzung der (teuren) Isolationszeit bis zum Vorliegen der Ergebnisse im Vergleich zur Standard-Kultur.
Den höchsten Nutzen bringt jedoch ein gezielter Einsatz. Wie mehrere andere Spitäler auch, verannlasst das KSSG für jedes Neuisolat eines MRSA eine PFGE-Typisierung. Damit kann eine nosokomiale Übertragung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bewiesen, bzw. ausgeschlissen werden.