Pneumokokkenimpfung: Einfluss auf Penicillin resistente Pneumokokken
Erst kürzlich haben wir über erfreuliche Auswirkungen der Pneumokokken-Impfung (siehe Pneumokokkenimpfung bei Erwachsenen , Pneumokokkenimpfung und Antibiotika-Resistenzen ) berichtet. Eine neue, Anfang April 2006 im NEJM erschienene Studie bestärkt und erweitert die bisher hoffnungsvollen Daten. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen….
Grundlage der Untersuchung waren Labordaten der Active Bacterial Core surveillance, einem Projekt des Center of Disease Control, staatlicher Gesundheitsministerien und verschiedener Universitäten.
Untersucht wurde der Effekt der 7-valenten Pneumokokkenimpfung (PCV7) auf das Auftreten von invasiven Pneumokokken-Infektionen durch Penicillin-resistente und multiresistente Pneumokokkenstämme bei Kindern und Erwachsenen zwischen 1999 und 2004.
Die Resultate zeigen einen eindrücklichen Rückgang von Morbidität und Mortalität. Gesamthaft über alle Altersgruppen lässt sich 2004 verglichen mit 1999 eine Halbierung dieser Infektionen dokumentieren. Signifikant zurückgegangen ist auch der Anteil der Infektionen mit Penicillin resistenten Pneumokokken in der Altersgruppe der >= 65Jährigen. Allerdings zeigte sich auch ein signifikanter Anstieg von Infekten mit Pneumokokken-Typen, die nicht im Impfstoff enthalten sind. Für den Typ 19A führte dies bei den <2 Jährigen zu einem Anstieg von >300%.
Kritische Beobachtung gilt daher den aufgetretenen "Ersatzinfektionen". Diese Entwicklung wird im Editorial derselben Ausgabe als unerwarteter Effekt beurteilt. Der prozentuale Anteil der intermediär resistenten und vollständig resistenten Pneumokokken im Alter <2 Jahre steigt nach initialem Abfall seit 2003 wieder. Setzt sich diese Entwicklung fort (siehe Pfeil in der linken Graphik), muss bei zunehmendem Anteil resistenter Pneumokokken bei den <2 Jährigen möglicherweise die aktuelle Initialtherapie der Otitis media im Kindesalter angepasst werden. Dies hätte bei der Häufigkeit dieser Infektion (und die Impfung ist hier nur äusserst eingeschränkt wirksam) nichtzuletzt weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen.
Sicherlich wäre es derzeit aber überstürzt, aktuelle Antibiotikarichtlinien in die eine oder andere Richtung an die Ergebnisse der bisher vorliegenden Daten anzupassen. Der weitere Verlauf wird zeigen, welcher Effekt überwiegt. Insgesamt gesehen zeigt sich derzeit sicherlich ein deutlicher Benefit durch die Impfung und die Hoffnung besteht, dass sich der zartrosa Streifen am Horizont bald zur Morgenröte wandelt.
Weitere Verbesserung liegt dabei in der Entwicklung eines Konjugat-Impfstoffes mit einem breiteren Antigen-Panel. 9-valente (siehe u.a. Klugman et al) und 11-valente Impfstoffe sind bereits in der klinischen Untersuchung.
Um Injektionen bei Säuglingen und Kleinkindern zu reduzieren ist darüberhinaus auch die Entwicklung von Kombinationsimpfungen wie z.B. eine 9-valente Pneumokokken-Impfung kombiniert mit einer Meningokokken-Impfung von grossem Interesse.
Auch in der Schweiz zählt seit Jahresbeginn die Pneumokokken-Impfung zu den sog. ergänzenden Impfungen.
Quelle: Kyaw et al, 2006 354;14