Hatte Milosevic Lepra?

Nein. Seit dem Ableben des serbischen Ex-Diktators schiessen jedoch die Spekulationen über einen mutwillig herbeigeführten Tod ins Kraut. Dabei spielt eine Rolle, dass offenbar vor einigen Wochen im Blut Milosevic’s Rifampicin nachgewiesen worden war. Gemäss Medienberichten handle es sich um ein spezielles Mittel gegen Lepra und Tuberkulose (1).

In der Schweiz ist Rifampicin (z.B. Rimactan®) zugelassen zur Behandlung mykobakterieller Infektionen (M. tuberculosis und M. leprae), wird jedoch häufiger in weniger spektakulärer Indikation eingesetzt, z.B. als Komedikation in der Behandlung von Fremdkörper-Infektionen mit Staphyloccocus aureus. Ferner wird Rifampicin eingesetzt zur Behandlung der Brucellose (zusammen mit einem Tetracyklin) oder als Prophylaxe der Menigokokken-Meningitis nach engem Kontakt.

Worauf beruhen nun die Spekulationen? Beim verstorbenen Häftling lag unseres Wissens keine der erwähnten Indikationen vor, eine Einnahme zur Enzyminduktion ist denkbar (sei es um eine stationäre Behandlung im Ausland zu erzwingen oder aus anderen Gründen), zumal es sich bei Rifampicin um einen potenten Induktor des Cytochrom P450 3A4 handelt. Durch Enzyminduktion kann die Wirksamkeit verschiedener Medikamente beeinträchtigt werden (2). Dies zu wissen (sowie dass sich Körperflüssigkeiten unter Rifampin rötlich verfärben und man die Leberwerte im Auge behalten sollte), ist im klinischen Alltag von grösserer Bedeutung als Mutmassungen über einen nicht-natürlichen Herzinfarkt (3).

 

1) Zeitung ‚Die Welt‘

2) Schweizer Arzneimittelkompendium 

3) Netzzeitung