Vogelgrippe und Pandemie: Eine Begriffsklärung

Mit Vogelgrippe wird eine Tierseuche, eben einer Erkrankung der Vögel bezeichnet. Mit (Grippe-)Pandemie bezeichnet man eine Grippe mit neuen Grippeerregern, welche die Menschen auf dem ganzen Globus betrifft.

Vogelgrippe
Vögel waren schon immer Träger von Influenza-Viren. Sie bilden ein sogenanntes "Reservoir" für die Bildung von neuen Viren beim Menschen. Grippe-(Influenza-)Viren sind in der Regel speziesspezifisch. Sie befallen also nur eine gewisse Tierart.
Eine Übertragung von Grippeviren von den Vögeln auf den Menschen ist unwahrscheinlich. Dies hat mit der molekularen Beschaffenheit der Oberflächenmarker des Grippevirus zu tun. Das Oberflächeneinweis auf den Atemwegsschleimhäuten der Vögel, an welches das Virus bindet (Rezeptor), unterscheidet sich von demjenigen des Menschen. Dieser Unterschied erklärt die unwahrscheinliche Übertragung von den Vögeln auf den Menschen.
Schweine tragen auf ihren Atemwegsschleimhäuten beide "Rezeptoren", diejenigen des Menschen und diejenigen der Vögel. Daher kann es im Schwein bevorzugt zur Entstehen neuer Viren kommen, welche auch für den Menschen schädlich sind. Man spricht von einer sog. Rekombination.

Pandemie
Mit Pandemie wird eine Epidemie bezeichnet, welche den ganzen (pan, griech: ganz, umfassend) Erdball umspannt. Wir Menschen bilden gegen die Grippeviren eine Immunantwort. Die Grippe kann uns weniger stark befallen. Doch wenn das Virus sich vollständig verändert, eben neue Anteile von den Vögeln erwirbt, dann ist niemand mehr auf der Welt immun gegen das Virus. In einer solchen Situation kommt es zur globalen Ausbreitung. Das Virus benötigt wenige Wochen, um alle Menschen weltweit zu erfassen (1918: 8 Wochen, heute durch Internat. Flugverkehr ev. rascher).

Die folgenden Pandemien haben sich im letzten Jahrhundert ereignet:
1918:   "Spanische" Grippe  (H1N1)
1957:   "Asiatische" Grippe  (H2N2)
1968:   "HongKong" Grippe (H3N2)

Am heftigsten wurde die Menschheit 1918 durch die Spanische Grippe betroffen. Damals starben 40-60 Millionen Menschen an den unmittelbaren Folgen der Spanischen Grippe. Die beiden späteren Pandemien zeigten eine deutlich geringere Mortalität.

Die Gefährlichkeit einer Pandemie lässt sich nicht voraussagen. Bei den ersten 117 Fällen einer H5N1 Infektion beim Menschen kam es bisher zu 60 Todesfällen, was einer Mortalität von 50% entspricht. Dies heisst aber nicht, dass eine allfälligen Pandemie mit H5N1 eine so hohe Mortalität haben wird. Das Virus muss sich zuerst – um überhaupt von Mensch zu Mensch übertragbar zu sein – anpassen. Zur Zeit lässt sich nicht voraussagen, welchen Einfluss diese Adaptation auf die Virulenz (Gefährlichkeit, Mortalität) des Erregers haben wird. Es ist durchaus möglich, aber nicht zwingend, dass das Virus durch die Adaptation an Virulenz verliert.

Auch ist heute noch gar nicht abzusehen, ob das zur Zeit bei Vögeln grassierende H5N1 zum Pandemie-Stamm führen wird. Andere Influenza-Viren kursieren im Moment auch und könnten sich allenfalls besser für eine Übertragung beim Menschen eignen.

Einige weiterführende Beiträge:
– Vortrag (Sept. 05) von Dr. G. Eich über die Rezeptoren von Vogel/Mensch Viren (download als pdf)
– Vogelgrippe-So schnell kommt die Pandemie doch nicht! (Beitrag vom 22.1.05)
– Tamiflu: Sorgfältiger Einsatz einer rezeptpflichtigen Substanz (Bericht vom 14. Okt. 2005)
– Vogelgrippe: Kühlen Kopf und ruhig Blut bewahren (Bericht vom 21. Aug. 2005)